„Aló, isch bin Chadli, vielen Dank dass isch zu ihnen kommen darf und sie mir alles zeigen“. Mit seinem unverwechselbaren französischen Akzent stellt sich Chadli Amri seinen heutigen Lehrern und Mitschülern vor. Der FCK-Profi ist in die Meisterschule für Handwerk in Kaiserslautern gefahren, besucht dort die Klasse der Goldschmiede. „Das ist ein Beruf, der mich interessiert. Ich weiß nicht ob ich das Zeug dazu hätte, aber das will ich ja heute rausfinden“, erklärt der 26-Jährige, der mit seiner lockeren und sympathischen Art schnell das Eis bricht. Sein Lausbubenlächeln wirkt nahezu ansteckend.

Während die 15 Schülerinnen und Schüler, die konzentriert an der Werkbank arbeiten, noch eher schüchtern auf den prominenten Gast vom Betzenberg reagieren, wird Chadli Amri von seinen heutigen Lehrmeistern herzlich begrüßt. „Wir freuen uns sehr, einen solchen Gast bei uns zu haben“, zeigt sich Oberstudienrat Eckhard Mielke über Chadlis Besuch begeistert. Kein Wunder, der Leiter der Meisterschule ist selbst begeisterter Anhänger der Roten Teufel und langjähriger Dauerkarteninhaber auf dem Betzenberg. „Natürlich Stehplatz, Westkurve“, berichtet er stolz und erklärt dem Fußballprofi die Einrichtung. „Bei uns in der Meisterschule kann man insgesamt sieben Berufe erlernen, vom Steinmetz über Maler und Tischler bis zum Systemelektroniker.“ Und eben Goldschmied. 16 Ausbildungsplätze werden jedes Jahr vergeben. Die Nachfrage ist groß, der Beruf vielseitig. Das Herstellen und Reparieren von Schmuckstücken aller Art steht am Ende der dreijährigen Ausbildung.

„Ich selbst trage außer einer Kette und einer Uhr nicht viel Schmuck, aber manchmal braucht man ja ein Geschenk für eine hübsche Frau“, schmunzelt Amri, ehe es für den Neuzugang des FCK an die Arbeit geht. Die Anleitungen kommen von der Expertin, Goldschmiedemeistern Petra Ockel erklärt zunächst die Voraussetzungen. „Wichtig für den Beruf sind vor allem zwei Dinge: filigranes und präzises Arbeiten sowie Kreativität in der Gestaltung und Umsetzung. Schließlich muss man immer wieder Lösungen suchen, die bei der Gestaltung und Umsetzung der Schmuckgegenstände helfen.“ Kreativ und filigran – da scheint Chadli Amri genau der Richtige zu sein. Schließlich liegen in diesem Bereich auch seine Stärken auf dem Platz. „Ich denke, mein Spiel zeichnet sich vor allem durch meine Technik, meine Dribblings und meine Schnelligkeit aus“, so der offensive Mittelfeldspieler, der es kaum erwarten kann, endlich selbst Hand anzulegen und seine Fähigkeiten zu testen.

Angefangen hat Chadli Amri mit dem Fußballspielen in seiner französischen Heimat, beim FC Folschviller, nahe seinem Geburtsort Saint-Avold. „Auch in Frankreich spielt der Fußball vor allem für kleine Jungs eine große Rolle, auch wenn die gesamte Fußballkultur in Deutschland viel ausgeprägter ist. Aber auch ich wollte früher nur Fußball spielen“, erinnert er sich an seine Anfänge. Noch in der Jugend ging es dann zum großen FC Metz, dem bekanntesten Club in Lothringen. Dort spielte er damals mit einigen bekannten Namen zusammen. „Aimen Demai und Ismael Bouzid waren in Metz meine Mitspieler, die sind ja beide auch mal beim FCK gelandet. Aber auch mit Emmanuel Adebayor habe ich gespielt, der jetzt bei Real Madrid ist.“ Vor allem mit Aimen Demai, heute bei Alemannia Aachen aktiv, verbindet ihn noch immer eine feste Freundschaft. Unvergessen ihr Auftritt in der SWR-Sendung Flutlicht, als vor allem Chadli, damals noch als 05er zu Gast, für jede Menge Spaß im Studio sorgte.

Über den US Forbach ging es dann zu ASC Lascabas, einem niederklassigen Club in Frankreich. „Ich sollte eigentlich nach Troyes wechseln, doch die stiegen ab und der Wechsel scheiterte. Ich war dann zunächst vereinslos und froh, überhaupt irgendwo spielen zu können, um durch den Fußball nebenher noch etwas zu verdienen. Denn als Algerier hat man es in Frankreich sehr schwer, eine Arbeit zu finden.“ Als er mit 20 Jahren den Traum vom Profifußballer schon fast ausgeträumt hatte, meldete sich der 1. FC Saarbrücken. Dort, wo auch schon sein Freund Aimen Demai spielte, sollte er zunächst für die Zweite Mannschaft auflaufen. Der Wechsel ins Nachbarland fiel ihm leicht. In Frankreich fühlt er sich als Sohn algerischer Eltern nicht wirklich zu Hause. „In Deutschland bin ich ein Franzose, das ist aber viel einfacher, als ein Algerier in Frankreich zu sein“, macht er deutlich, wie schwer es für ihn in seinem Heimatland ist, in dem sie ihn immer als Fremden sehen.

In Saarbrücken ging es für ihn schnell bergauf, von der Zweiten in die Erste Mannschaft. Und ins Rampenlicht. Dann folgte der Wechsel in die Bundesliga, Mainz 05 sicherte sich die Dienste des flinken Dribblers. Ein gewaltiger Sprung, aber für Chadli Amri kein Grund abzuheben. „Natürlich war das eine krasse Geschichte. Ein Jahr zuvor noch mit der Zweiten Mannschaft von Saarbrücken vor 75 Zuschauern, dann plötzlich das erste Bundesligaspiel in Dortmund vor 75.000 Menschen. Aber ich weiß auch, wie schnell es im Fußball gehen kann. Sowohl nach oben, als auch nach unten.“ Dem ersten Spiel folgte bald das erste Tor. Ausgerechnet gegen den FC Bayern, und auch ausgerechnet mit dem Kopf. Nicht unbedingt üblich für den 1,78 Meter großen Amri. „Aber mein Gegenspieler war in dieser Situation Philip Lahm“, erinnert er sich schmunzelnd zurück.

In der Kaiserslauterer Meisterschule ist genug geredet, der FCK-Profi macht sich ans Werk. Jetzt heißt es filigran umgehen, jedoch nicht wie gewohnt mit dem runden Leder, sondern mit dem goldenen Metallblättchen, das es in die richtige Form zu bringen gilt. Zunächst beginnt die Arbeit eher unfiligran, mit dem Hammer und roher Gewalt muss der Lehrling das Blättchen bearbeiten. Danach wird‘s warm, denn es geht in den Beiz-Raum. Dort wird das Material mit dem Bunsenbrenner erhitzt, sofort wieder im Wasser abgekühlt und somit leichter formbar gemacht. Unter der Anleitung von Goldschmiedemeistern Petra Ockel hat Chadli sichtlich Spaß an der Arbeit gefunden. Er fragt nach, er gibt sich Mühe, er hängt sich rein. Man muss ihn fast schon von der Werkbank wegziehen. In der Meisterschule ist er schnell angekommen.

Beim 1. FC Kaiserslautern ist „Chad“, wie er von seinen Mannschaftskollegen genannt wird, dagegen noch nicht richtig angekommen. Eine schwere Verletzung am Knöchel machte ihm den Start in der Pfalz schwerer als erwartet. „Durch meine seltenen Einsätze fühle ich mich auf dem Platz immer noch ein wenig wie ein Neuzugang und ich habe noch nicht oft die Möglichkeit gehabt, meine Leistung zu zeigen. Ich weiß, dass ich mir das Vertrauen des Trainers und der Anhänger durch Leistung auf dem Platz erspielen muss und ich hoffe, ich bekomme hierfür die Möglichkeit. Und manchmal glaube ich, erwarten die Fans von mir immer etwas Besonderes. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich aus Mainz komme“, erklärt er seinen holprigen Start in der Pfalz. Überhaupt, die Rivalität zwischen den Mainzern und dem FCK, das hatte sich der Neuzugang nicht so schwierig vorgestellt. „Ja, ich habe in Mainz gespielt, und das war auch eine schöne Zeit für mich. Warum soll ich jetzt lügen, das ist einfach so. Jetzt spiele ich für den FCK und gebe alles für die Roten Teufel. Einen Verein, mit einer besseren Struktur, mit noch mehr Fans, noch mehr Leidenschaft. Die Rivalität, die gibt es vor allem zwischen den Fans, weniger zwischen den Spielern“, erklärt Chadli Amri. Gut aufgenommen fühlt sich der Algerier mit französischem Pass dagegen innerhalb der Mannschaft. „Das ist eine super Truppe, wir haben einen guten Zusammenhalt im Team. Das wird uns auch helfen, die Klasse zu halten“, ist er überzeugt, das große Ziel mit dem FCK zu erreichen.

Zurück in den Räumlichkeiten der Meisterschule. Für Chadli heißt es jetzt sägen und bohren. Zunächst nimmt er zwischen den überwiegend weiblichen Schülerinnen Platz und beginnt mit einer speziellen Goldschmiedesäge das goldene Blättchen zu bearbeiten. „Präzision ist hier enorm wichtig, und er hat das wirklich drauf“, bemerkt Goldschmiedemeistern Petra Ockel. Als es dann ans Bohren geht, muss der Mittelfeldspieler eine Schutzbrille aufziehen, denn auch in der Meisterschule geht die Sicherheit vor. Auch hier macht sich der Gastschüler gut, bohrt mit der Maschine ein kleines Loch und merkt so langsam, welche enorme Arbeit in diesem Beruf steckt. Zum Ende seiner Kurzausbildung bekommt Chadli noch einige der aufwendigen Schmuckstücke gezeigt. „Für die umfangreiche Abschlussarbeit müssen dann auch schon mal bis zu 100 Stunden in Kauf genommen werden“, erklärt Petra Ockel, und Chadli zeigt sich einmal mehr beeindruckt. „So viel Arbeit für ein Schmuckstück? Wahnsinn. Da muss man wirklich jede Menge Geduld aufbringen.“

Geduld aufbringen, das muss auch Chadli Amri, denn trotz aller Schwierigkeiten möchte sich der 26-Jährige bei den Roten Teufeln durchbeissen. „Ich bin keiner, der gleich aufgibt wenn es mal nicht so läuft. Ich möchte mich hier beim FCK durchsetzen, dafür gebe ich alles“, zeigt er sich kämpferisch, der Fußballer Amri. Und wie ist dieser privat, außerhalb des Platzes? Höflich, freundlich, immer mit einem Lächeln auf den Lippen und einem lustigen Spruch auf Lager – so kann man Chadli Amri charakterisieren. „Natürlich kann ich auch ernst sein wenn es darauf ankommt, auf dem Fußballplatz zum Beispiel, aber ansonsten bin ich grundsätzlich ein lockerer Typ, der nicht immer alles so verbissen sieht“, zeigt sich der Techniker mit der Nummer 10 gerne von seiner entspannten Seite. Wenn er mal nicht auf dem Fußballplatz steht, dann unternimmt er gerne etwas mit Freunden oder relaxed auf der heimischen Couch. Doch ganz oben in seinem Leben steht der Fußball. Nicht nur für den FCK, auch für das Land seiner Eltern steht er auf dem Feld. „Ich bin sehr stolz darauf, für die algerische Nationalmannschaft spielen zu dürfen.“ Neun Länderspiele stehen zu Buche, weitere sollen folgen. Leider hat es im vergangenen Sommer nicht mit einer WM-Teilnahme geklappt, bei der Qualifikation für den Afrika-Cup war er aber dabei.

Der Ausflug ins Goldschmiedehandwerk nähert sich dem Ende. Seine Ausbilder sind von seinem Elan und seinen Fertigkeiten nahezu begeistert. Er zeigt auch hier sein Talent als „Filigranarbeiter“. Und das Fazit des Fußballprofis? „Ich bin ehrlich, ich weiß nicht, ob ich diese Arbeit machen könnte. Ich habe großen Respekt vor den Schülern hier, die müssen wirklich viel leisten“, zeigt sich der Fußballprofi beeindruckt. Und wenn er das nächste Mal vor der Schmuckvitrine steht, sieht er nun auch die Arbeit hinter dem glitzernden Produkt. „Jetzt wo ich weiß, wie viel Arbeit hinter jedem einzelnen Ring oder Anhänger steckt, sehe ich die Dinge mit ganz anderen Augen.“ Und mit Oberstudienrat Eckhard Mielke gibt es ja schon bald ein Wiedersehen. Auf dem Betze, der eine steht dann auf dem Rasen, der andere in Block 6.1. in der Westkurve. „Wenn ich hoffentlich bald mein erstes Tor schieße, dann winke ich in die Kurve“, verspricht Chad zum Abschied.
Das Portrait gibt es auch als Video: www.fck-tv.de

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