Die Partie der Roten Teufel gegen Paderborn umgab aber nicht nur der abseitigen Anstoßzeit wegen ein eigenartiges Flair. Zu Wochenbeginn hatte das Team bei Erzgebirge Aue eine 1:0-Führung gegen neun Gastgeber aus der Hand gegeben und damit den verständlichen Zorn der Anhänger auf sich gezogen. Am Samstagmittag lagen nun die Vorwürfe ob des Auftritts in Aue und der Anspruch auf Wiedergutmachung nahe beieinander.
Mannschaft und Trainerteam hatten die Ereignisse der Partie unter der Woche genauestens aufgearbeitet und sich ausdrücklich für den fahrlässigen Auftritt entschuldigt. Natürlich konnte jeder Erklärungsversuch die hochgekochten Fanemotionen nur bedingt einfangen und mildern. Viele wussten die ausgeprägte Selbstkritik zu schätzen und einige Fans bedankten sich für die prompte Rückmeldung, mit der die FCK-Verantwortlichen auf die Kritik reagierten. Andere ließen ihrer Wut und Enttäuschung freien Lauf und schossen dabei teilweise weit übers Ziel hinaus. Abmelden sollte man den Spielbetrieb. Von Söldnern, Verrätern und vielerlei anderen nicht erbaulichen Schimpfwörtern war die Rede, der eine oder andere unterstellte, dass die Mannschaft und Verantwortlichen gar nicht aufsteigen wolle. Und sowieso war früher immer alles besser, die Taktik und Aufstellung eine Katastrophe und die Wechsel völliger Mist.
Erstaunlicherweise spielt sich der emotionale Haushalt aller Fußballfans exakt in den gleichen Extremen ab, wie die zuletzt unterschiedlichen Leistungen der Roten Teufel: Erst herausragend auf dem „Betze“ gegen Köln, dann zutiefst enttäuschend in Aue. Himmelhochjauchzend nach einem 3:0 und zu Tode betrübt nach einem schwer erklärbaren Unentschieden. Alles spielt sich in Extremen ab: schwarz oder weiß, richtig oder falsch, gut oder schlecht. Dazwischen scheint nichts mehr zu existieren. Diese Welt ist eine einfache. Sie gibt einfache Antworten auf alle Fragen, egal wie kompliziert diese auch sein mögen.
Dann war es 13 Uhr und das Spiel gegen Paderborn startete. Wie soll man zur Mittagszeit seine Mannschaft richtig anfeuern? Kann man um 12.30 Uhr schon Bier trinken? Wie soll man kurz nach dem Frühstück richtig Fußball spielen? Wie geht man als Spieler oder Fan in ein Fußballspiel, wenn man nur fünf Tage vorher eine Blamage von „historischem“ Ausmaß erlebt hat? Irgendwie waren diese Fragen spürbar und es war an Tobias Sippel und Co. die Zweifel und den Ärger mit jeder Ballberührung zu vertreiben. Ein erster Schuss von Jimmy Hoffer, ein sehr schöner Angriff über rechts, Kopfball Hoffer – vorbei. Beim nächsten Mal macht er den… Dann traf Mitchell Weiser. Und der Rest ist heute schon Geschichte: Kein hell strahlender Sieg, aber sicher auch kein gestolperter unverdienter Erfolg. Ein irgendwie hellgraues Spiel.
Die Roten Teufel ließen keinen Zweifel daran, dass sie den Relegationsplatz verteidigen wollen. Und werden. Doch noch wirkt das „Aue-Spiel“ nach. Bei Fans und Spielern. Das spüren alle. Am kommenden Montag tritt der FCK in Cottbus an und dort gilt es, die letzten Zweifel zu vertreiben. Egal wie. Denn am Ende zählt nicht, ob man in Glanz und Gloria das Ziel erreicht, sondern das man ankommt.
So in etwa sah es auch Mittelfeldspieler Alexander Baumjohann nach Abpfiff des Spiels gegen Paderborn. Wichtig sei in dieser Phase der Saison, seine Spiele unbedingt zu gewinnen. Egal wie. Auch daher war der Torschütze zum 3:0-Endstand vom enttäuschenden Auftritt in Aue so nachhaltig enttäuscht. Florian Dick, der seine Mitspieler als Kapitän aufs Spielfeld führte und Mitte der zweiten Halbzeit verletzt ausgetauscht werden musste, sah dies ähnlich: „Wir wollten Taten sprechen lassen.“
Der Rechtsverteidiger wird dabei voraussichtlich mitwirken können, denn seine Knöchelverletzung stellte sich glücklicherweise nur als Stauchung heraus, die ihn zwar einige Zeit schmerzen wird, aber wahrscheinlich nicht an einem Einsatz hindert. Gleiches gilt für Ariel Borysiuk, der einen schweren Bluterguss auf dem rechten Spann aus der Partie mitnahm, aber nach dem trainingsfreien Montag wieder mitwirken soll.
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