Er staunt nicht schlecht, als er aus seinem sportlichen Wagen steigt und den Pfalzbahnschuppen in Neustadt an der Weinstraße betritt. Imposante, jahrzehntealte Dampfloks und historische Bahnwaggons warten hier auf seinen heutigen Besucher – Adam Nemec. Der Neuzugang des 1. FC Kaiserslautern spielt Fußball seit er fünf Jahre alt ist. Für ihn kam bisher kein anderer Beruf in Frage: „Es hätte wohl viele verschiedene Berufsmöglichkeiten gegeben, aber ich habe nie wirklich darüber nachgedacht, weil ich immer schon Fußballspieler werden wollte. Immer nur hatte ich dieses Ziel im Kopf. Momentan kann ich mir auch nicht vorstellen irgendetwas anderes zu machen.“ Daher kann er sich beim Klettern ins Führerhaus der Dampflok auch eher in die Lokomotive selbst, als in den Zugführer, hineinversetzen. Die stählernen Maschinen erinnern tatsächlich an den robusten, durchsetzungsfähigen Stürmer, den Nemec auf dem Fußballplatz verkörpert. Wie eine Dampfl ok möchte auch der slowakische Spieler des FCK mit Volldampf in jedes Spiel gehen und seine Ziele in Kaiserslautern zielstrebig verfolgen.
Durch seinen Siegtreffer im DFB-Pokalspiel gegen Eintracht Braunschweig sowie seinen ersten Treffer für den FCK in einem Ligaspiel beim 4:1 gegen den MSV Duisburg, ist der 24-Jährige bei den Roten Teufeln sportlich gut angekommen. Seine Karriere begann Nemec in seiner slowakischen Heimat. „Ich bin dort in einem kleinen ruhigen Ort aufgewachsen – ich habe es sehr gemocht.“ Seit er sich erinnern kann, hat er dort Fußball gespielt – mit fünf Jahren zum ersten Mal in einem Verein. Zunächst zog er sich das Trikot von Žarnovica über seine – damals wohl noch nicht so breiten – Schultern. Später wechselte er zum ZTS Dubnica, der seit 2000/01 in der ersten slowakischen Liga spielt. 2004 wurde der 18-jährige Adam Nemec von MŠK Žilina verpflichtet. Bei dem Verein der Corgon Liga, der höchsten slowakischen Spielklasse, wurde er sofort Stammspieler. An die Zeit bei Žilina erinnert sich der Stürmer gerne zurück. Hier erlebte er den bisher größten und emotionalsten Moment seiner jungen Fußballkarriere, als er 2006/07 mit 13 Toren maßgeblich am Gewinn der slowakischen Meisterschaft beteiligt war. „An diesen Titel denke ich sehr sehr oft. Dort hatte ich eine wirklich schöne Zeit, an die ich mich gerne zurück erinnere.“
Wie eine Lokomotive, die in ihrer Laufbahn lange Reisen hinter sich bringt und viele Stationen anfährt, zog es auch den jungen Fußballprofi auf seinem Weg stetig weiter. Sein nächster Stopp lag in Deutschland – beim Zweitligisten Erzgebirge Aue. Zu dem sächsischen Verein war Nemec von Žilina für eine Spielzeit ausgeliehen – mit Kaufoption. Nach einem Jahr und dem Abstieg des Vereins in die dritte Liga, verabschiedete er sich dann in Richtung Belgien. Mit dem KRC Genk wurde der Stürmer dort in der Saison 2008/09 belgischer Meister. „Dieser Meistertitel war zwar auch schön, aber da ich nicht so oft gespielt habe, konnte ich den Gewinn nicht so genießen, wie den bei Žilina.“ Nun hat ihn sein Weg in die Pfalz, zum 1. FC Kaiserslautern, verschlagen. „Hier haben wir ein junges, motiviertes Team und ein gutes Umfeld“, beschreibt der Neuzugang seine ersten Eindrücke. Einen Vergleich zwischen Erzgebirge Aue, seiner ersten Station in Deutschland und dem FCK findet er schwierig. „Zwischen den beiden Clubs besteht ein riesiger Unterschied, man kann sie kaum vergleichen. Beim FCK geht es wie in Aue auch sehr familiär zu, dennoch ist Aue ein sehr viel kleinerer Verein, in einer kleineren Stadt.“
„Für uns war es natürlich keine Frage, Adam Nemec als Spieler des FCK in unsere Lokomotiven zu lassen“, erklärte Herr Kayser vom Eisenbahnmuseum in Neustadt. Die Mitarbeiter schwärmen von Fritz Walter, den man persönlich kannte: „Ich hab noch Fußballschuhe vom Fritz zu Hause an der Wand hängen.“ Wie hinter dem FCK steckt auch hinter der Dampflok eine lange Historie. Die Geschichte sowie die Lokomotiven werden im Pfalzbahnschuppen in Neustadt aufs Genaueste gepflegt. 1909 wurde im Elmsteiner Tal der Eisenbahnbetrieb aufgenommen. Seit 1984 fährt das „Kuckucksbähnel“, eine Museumsdampflok, von Neustadt nach Elmstein. Für Nemec eine ganz andere Welt, als die seines Fußballerlebens. „Es ist interessant, andere Dinge zu sehen und auch einmal auszuprobieren – aber wirklich geträumt habe ich immer nur von der Fußballprofi -Karriere“, erzählt die Nummer 32 des FCK, während er seinen Kopf aus dem Führerhaus der Dampflok streckt. „Man kann nie sicher sein, ob aus den eigenen Plänen etwas wird. Aber mittlerweile habe ich in verschiedenen Ländern Fußball gespielt und muss sagen, dass ich manchmal noch immer von mir selbst überrascht bin, dass ich es bis hierher geschafft habe.“
In der Pfalz hat sich der Slowake schon ganz gut eingelebt. „Ich bin nun erst seit wenigen Wochen hier, aber an das Umfeld und die Lebensumstände hier gewöhnt man sich schnell. Auch die Stadt habe ich mir bereits angesehen.“ Neben dem Training und den Spielen bleibt Nemec nur wenig Zeit. Hat er mal welche, so trifft er sich gerne mit Freunden und schaut sich die Umgebung an, in der er lebt. Das Leben auf und neben dem Platz wird dem kopfballstarken Angreifer dadurch erleichtert, dass einer seiner Sturmpartner, Erik Jendrisek, auch aus der Slowakei stammt und man sich so auch mal in der eigenen Landessprache unterhalten kann. Auch mit dem Tschechen Jiri Bilek, mit dem Nemec noch zusammen wohnt, läuft die Kommunikation völlig unproblematisch. Begeistert ist der Offensivmann schon jetzt von den Fans auf dem Betzenberg. „Jeder weiß, dass die Anhänger des 1. FC Kaiserslautern zu den Besten gehören. Aber dennoch war ich überrascht. Die Menschen hier in der Pfalz sind total fußballverrückt. Die Atmosphäre ist großartig“, beschreibt Nemec seine Eindrücke nach den ersten Spielen im Fritz-Walter-Stadion.
Mit seiner zurückhaltendlässigen Art schlendert der 1,90 Meter-Hüne zwischen den Bahnwaggons entlang und betrachtet sich die aufwendige Mechanik der großen Schienenfahrzeuge. „Und wenn wir dann in Führung gehen oder ein Tor schießen, wird es immer besser und immer lauter. Ich hoffe, dass diese Begeisterung anhält und die Fans weiterhin zahlreich zu unseren Spielen kommen und uns unterstützen.“ Mit dem bislang Erreichten gibt sich Adam Nemec jedoch nicht zufrieden. Zielstrebig formuliert er den gewünschten Weg seiner weiteren Fußballreise. Wie die Einzelteile einer Lokomotive, von den Rädern über die Verbindungsstangen bis hin zum Dampfzylinder, die ineinander greifen und sich gegenseitig helfen, um die beste Leistung zu erzielen, so sieht der gerade 24-Jährige auch seine Fußballmannschaft: Leistung und Erfolge erzielt man als Team. „Natürlich möchte ich mich persönlich von Spiel zu Spiel weiter entwickeln. Aber mein Ziel ist es, der Mannschaft zu helfen. Mit Toren kann ich das am besten. Daher ist es mein Ziel möglichst häufig zu treffen.“ Etwas in sich gekehrt und ruhig wirkt der große, blonde Spieler, als er aus dem
Fenster der Dampflok auf die lange vor ihm liegenden Schienen schaut und die Ziele für den FCK formuliert: „Meiner Meinung nach, gehört der 1. FC Kaiserslautern mit dem Stadion, seinen Fans und seiner Geschichte in die Bundesliga. Auf dem Feld werden wir alles für den Aufstieg geben. Das Umfeld stimmt – nun liegt es an uns.“ Die Zukunft wird zeigen, wohin der Weg des 1. FC Kaiserslautern und des slowakischen Stürmers Adam Nemec führt.
Zunächst steigt er aber erst mal wieder um – von der Dampflok in sein Auto. Auch wenn Adam Nemec im Führerhaus der Lokomotive eine gute Figur gemacht hat, möchte er gleich lieber wieder für die nächste Trainingseinheit in seine Fußballschuhe schlüpfen, um gut vorbereitet in die vor ihm liegende Woche – mit drei Spielen in sieben Tagen – zu gehen. Zunächst wartete auswärts der FC
St. Pauli, den die Roten Teufel mit 2:1 besiegen konnten. Dann empfing man in der zweiten Runde des DFB-Pokals Bayer Leverkusen und nun treffen die Roten Teufel zu Hause auf den Karlsruher SC. Viel Arbeit, aber auch viele Möglichkeiten für den ehrgeizigen, motivierten Offensivmann mit Volldampf in jede Partie zu gehen um weitere Tore für den 1. FC Kaiserslautern zu erzielen.
Zu dem Porträt gibt es auch ein Video: www.fck-tv.de