Der frühere FCK-Profi Lutz Eigendorf starb am  7. März 1983 – auf den Tag genau vor 40 Jahren. Auch heute steht sein Name noch für viel Ungewisses. Hans Walter vom FCK-Museumsteam erinnert sich an den DDR-Nationalspieler, seine Flucht in den Westen und seinen ungeklärten Tod.

Er gehörte zu den ganz großen Talenten des Fußballs in der DDR, der am 16. Juli 1956 in Brandenburg an der Havel geborene Lutz Eigendorf. Mit dem Fußballspielen begann er im Alter von acht Jahren bei der BSG Motor in seiner Heimatstadt, wobei ihm sein Vater, der Diplom-Sportlehrer Jörg Eigendorf, ein ausgezeichneter Mentor war. Lutz besuchte von 1970 bis 1973 die Kinder -und Jugendsportschule Berlin und wurde in die Nachwuchsabteilung des DDR-Spitzenclubs BFC Dynamo in Berlin aufgenommen. Er durchlief die für die DDR-Jugend üblichen Organisationen, versah seinen Zivildienst bei der VoPo und leistete seinen Wehrdienst bei einem Wachregiment. Zwischen 1973 und 1975 hatte er seiner Altersklasse entsprechend erste internationale Auftritte in den DDR-Nationalmannschaften der Junioren.

Ab 1974 wurde er als hochkarätiger Nachwuchsspieler in der ersten Mannschaft des BFC Dynamo eingesetzt. Der antrittsschnelle, zweikampfstarke und technisch versierte Eigendorf bestritt bis zum März 1979 nicht weniger als 100 Oberligabegegnungen für den Berliner Vorzeigeclub; 1978 wurde er in die DDR-Auswahlmannschaft berufen, mit der er binnen eines Jahres sechs Länderspiele absolvierte.

Lutz Eigendorf galt als „politisch zuverlässig“, er konnte – wie auch andere DDR-Spitzensportler – gewisse Privilegien genießen, heiratete seine Freundin Gabriele und wurde Vater.

Doch Eigendorf hatte Träume und Wünsche, von denen in seinem Umfeld niemand etwas ahnte. Er sehnte sich nach einem Leben und einer Karriere im Westen. Der Gedanke, dem Überwachungs- und Drangsalierungsstaat DDR entfliehen zu können, nahm wohl in dem Moment konkrete Formen an, als Eigendorf von dem für den 20. März 1979 geplanten Freundschaftsspiel seines BFC Dynamo im Westen – in Kaiserslautern! – erfuhr. Der FCK erfreute sich auch jenseits von Mauer und Eisernem Vorhang eines guten Rufes – bei solch einem Verein würde Lutz gerne spielen und dabei die Vorteile westlicher Freizügigkeit in Anspruch nehmen können. Ehefrau und Tochter würde er zu einem späteren Zeitpunkt nachholen – ein naiver Gedanke!

Der BFC Dynamo gastierte also am 20. März 1979 auf dem Betzenberg. Zur Begrüßung der Mannschaft und der Funktionäre aus dem Ostteil Berlins erschienen Kaiserslauterns damaliger Oberbürgermeister Dr. Hans Jung sowie FCK-Geschäftsführer Norbert Thines vor dem Hotel.

Tags darauf traten die Berliner per Omnibus die Rückreise an. Dabei legte man in Gießen noch eine Pause ein. Lutz Eigendorf nutzte diese einzigartige Chance, entfernte sich von der Mannschaft, bestieg in einem günstigen Moment ein Taxi und ließ sich nach Kaiserslautern fahren. Er kannte niemanden in der fremden Stadt, aber er hatte das Glück, auf dem Betzenberg bei Geschäftsführer Norbert Thines abgesetzt zu werden.

Thines war sich der ganz besonderen Brisanz dieses Vorganges sofort bewusst und zeigte sich als hervorragender Krisenmanager, der alles tat, um den knapp 23-jährigen Flüchtling zu schützen und vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Lutz Eigendorf wurde von der Vorstellung geplagt, von Ost-Agenten aufgegriffen und in die DDR entführt zu werden. Norbert Thines vermochte seinen Schützling zu beruhigen und vorübergehend in einem Ort im Pfälzerwald zu verstecken.

Doch lange konnte das Ereignis nicht geheim gehalten werden. Während die bundesrepublikanische Presse mit großen Schlagzeilen von der „Flucht des Beckenbauers der DDR“ berichtete, hielt man in der DDR den Ball flach. In einem kleinen Artikel erfuhren die Fußballfreunde jenseits von Mauer und Stacheldraht, dass ein BFC-Spieler bei einem Gastspiel im Westen für Geld angelockt und zur Republikflucht veranlasst worden sei.

Der 1. FC Kaiserslautern bot den Ostberlinern eine Ablösesumme von 100 000 DM an, was von Dynamo selbstverständlich abgelehnt wurde. Somit sperrte die FIFA nach dem damals gültigen Reglement Eigendorf für ein Jahr. Lutz arbeitete in dieser Zeit als Aushilfe auf der Geschäftsstelle des FCK, erwarb den B-Trainerschein und trainierte die B-Jugendmannschaft seines neuen Vereins. Manche Spieler dieses Teams rühmen heute noch Lutz Eigendorf als einen der besten Trainer, den sie je erlebten.

Im April 1980 erhielt Eigendorf endlich die ersehnte Spielberechtigung für die Bundesliga. Er fügte sich fast nahtlos in die von Kalli Feldkamp trainierte und mit Spielern wie Briegel, Funkel, Wendt, Bongartz, Brehme, Geye, Melzer, Neues und Hellström stark besetzte Mannschaft und absolvierte in seinen drei Jahren beim 1. FC Kaiserslautern 53 Bundesliga-, vier Pokal- und zehn UEFA-Cup-Spiele für die Lautrer.

Doch die Freude war nicht ungetrübt. DDR-Innenminister und Stasi-Chef Erich Mielke (1907 – 2000) hatte die Schmach, von einem seiner Lieblingsspieler hintergangen worden zu sein, nicht verwunden. Er setzte seinen Stasi-Spitzelapparat gegen Lutz und gegen dessen Eltern und Ehefrau in Aktion. Die Stasi verfügte auch im Westen über unfassbar viele Agenten, von denen sich fast 50 auf Lutz konzentrierten und jeden Schritt und jedes Wort von ihm beobachteten und dokumentierten. Im Osten wurden derweil Eigendorfs Eltern und Ehefrau rund um die Uhr bespitzelt, ihre Telefone abgehört, die Post kontrolliert. Kritische Äußerungen von Lutz in einem TV-Interview über die mangelnde Freizügigkeit in der DDR wurden von der SED-Führung in diesem Zusammenhang äußerst negativ vermerkt.

Besonders niederträchtig war der Einsatz eines „Romeo-Agenten“ gegen die Ehefrau von Lutz Eigendorf, der dazu führte, dass Gabriele Eigendorf einer Schnellscheidung von dem „Verräter“ zustimmte. Dieser Agent hat sie später sogar geheiratet.

Lutz Eigendorf schien zu spüren, dass er ununterbrochen observiert wurde. Wem konnte er wirklich vertrauen? Würde ihn der „lange Arm der Stasi“ eines Tages doch noch erreichen? Obwohl er inzwischen wieder geheiratet hatte und ein zweites Mal Vater geworden war, fühlte er sich nicht glücklich. Den FCK-Verantwortlichen und Trainer Feldkamp schien ein Ortswechsel für Lutz eine gute Lösung und so ließ sich Eigendorf von Eintracht Braunschweig unter Vertrag nehmen.

Ihm waren jedoch nur wenige Einsätze an seiner neuen Wirkungsstätte in Niedersachsen vergönnt.

Am 5. März 1983 erfuhr die Öffentlichkeit von einem Autounfall bei Braunschweig, bei dem sich Lutz Eigendorf schwerste Verletzungen zugezogen hatte. Zwei Tage später folgte die Nachricht vom Tod des knapp 27-jährigen Ex-DDR-Nationalspielers. Es wurde Alkohol in seinem Blut festgestellt, aber bald flammten Vermutungen auf, Stasi-Agenten hätten ihm das Übermaß an Alkohol zugeführt. Beweise für diese Vermutung konnten nicht erbracht werden. Nach der Wende erhärtete sich der Verdacht jedoch, die Stasi habe Eigendorfs tödlichen Unfall bewusst herbeigeführt, auf dramatische Weise.

Bei der Sichtung der umfangreichen Stasi-Akten konnten mehrere Indizien entdeckt werden, die stark auf eine Täterschaft der Stasi hindeuten. Da war vom „Verblitzen“ (Blenden) des Autofahrers die Rede und es stand die Randnotiz im Raum, dass ein Verräter liquidiert werden müsse. Beweise für eine konkrete Tatbeteiligung konnte keinem der verdächtigten Agenten angelastet werden. Doch nicht nur die Eltern von Lutz Eigendorf sind überzeugt, dass es sich bei dem tödlichen Unfall ihres Sohnes um ein von der Stasi herbeigeführtes Tötungsdelikt gehandelt hat. Die Staatsanwaltschaft hat die Akte Eigendorf vor mehreren Jahren bereits geschlossen.

Lutz Eigendorf fand seine letzte Ruhestätte auf dem Hauptfriedhof in Kaiserslautern. Er gehörte keiner Kirche an, aber Ex-FCK-Präsident und Pfarrer Udo Sopp bereitete ihm, „dem Suchenden“, dennoch eine würdige Bestattung. Die Eltern Eigendorfs erhielten zur Beisetzung eine Ausreisegenehmigung aus der DDR. Sie kehrten anschließend nicht wieder in ihre brandenburgische Heimat zurück.

Alle Anhänger des 1. FC Kaiserslautern gedenken an Lutz Eigendorfs 40. Todestag eines hervorragenden Fußballspielers, in dessen Leben und Schicksal sich die Geschichte der deutschen Teilung auf unheilvolle Weise gespiegelt hat. Weder der Fußballkamerad noch der Mensch Lutz Eigendorf als Opfer der politischen Verhältnisse seiner Zeit dürfen je in Vergessenheit geraten.

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24.04.2023 11:57
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@MoonDog90 Wir haben das ja gar nicht bewertet, sondern einfach nur die Entscheidung des Schiedsrichters hier getickert.
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#SSVFCK 0:0 (79.) | Tomiak sieht nach Foul an Prince Osei Owusu die Gelbe Karte. #Betze
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