In den Jahren 2000 bis 2004 spielte der tschechische Nationalstürmer Vratislav Lokvenc am Betzenberg. Am Mittwoch, 27. September 2023, feiert der langgewachsene Angreifer seinen 50. Geburtstag. Matthias Gehring vom FCK-Museumsteam gratuliert mit seiner Laudatio.
Es war auch ein Wiedersehen mit Vratislav Lokvenc, als Ende Mai 2018 zwei Mitarbeiter des Museumsteams im Auftrag des FCK nach Prag gereist waren, um zwei Trophäen-Repliken aus dem FCK-Museum zu eskortieren, die anlässlich eines Firmenjubiläums von Miroslav Kadlecs Arbeitgeber, der Marketingagentur SPORT INVEST, ausgestellt werden sollten. Bei der Gala am Abend ergab sich eine illustre Gesprächsrunde, bei der auch die damalige sportliche Situation des FCK Gesprächsthema war. Bei den beiden Vertretern des FCK-Museums im weinseligen Kreis mit von der Partie, natürlich Miroslav Kadlec, sein Sohn Michal, der Weltklasse-Torhüter Petr Čech und eben Vratislav Lokvenc. Auch wenn nur erst- und letztgenannter das Trikot der Roten Teufel getragen hatten, man war sich einig, der FCK müsse schnellstmöglich wieder aufsteigen. Seither sind fünf Jahre vergangen, die Roten Teufel kicken seit vergangener Saison zumindest wieder im Unterhaus. Die Protagonisten aus der abendlichen Gesprächsrunde am Ufer der Moldau wird’s freuen und einer aus der Truppe darf sich am heutigen 27. September über noch etwas Anderes freuen. Vratislav Lokvenc, der ehemalige Stürmer-Hüne des FCK feiert seinen 50. Geburtstag!
Geboren wurde Vratislav Lokvenc in Náchod, rund 150 Kilometer östlich von Prag. Im dortigen örtlichen Fußballverein TJ Náchod machte er mit bereits sechs Jahren seine ersten fußballerischen Gehversuche. Bis 1986 blieb er seinem Heimatverein erhalten, dann wechselte er im Alter von zwölf Jahren ins knapp 50 Kilometer entfernte Hradec Kralove (Königgrätz) zum dortigen Spartak (SK) Hradec Kralove. Bei dem nordböhmischen Traditionsverein gelang ihm über die dortige U19 im Jahr 1992 der Sprung in die erste Mannschaft, die damals in der 1. Liga Tschechiens auflief. Zwei Jahre später, im Oktober 1994, wechselte Vratislav Lokvenc im Alter von 21 Jahren in die tschechische Hauptstadt zu Sparta Prag. Bis zum Jahr 2000 absolvierte er 200 Pflichtspiele für den tschechischen Vorzeigeclub und erzielte dabei 85 Tore. Darunter fallen auch inklusive Qualifikationsspiele auch insgesamt 37 Partien in UEFA-Cup, Europapokal der Pokalsieger sowie Champions League. 163 Spiele absolvierte er für den tschechischen Hauptstadtclub alleine in der Fortuna Liga, der höchsten Spielklasse in Tschechien und erzielte dort 74 Tore.
Im Sommer 2000 wechselte der längst auch international bekannte Vratislav Lokvenc erstmals in die Bundesliga, zum 1. FC Kaiserslautern. Am Betzenberg tat sich der kopfballstarke Angreifer anfänglich etwas schwer. Sein Debüt im FCK-Trikot gab Vratislav Lokvenc bereits am 1. Spieltag. Wobei der Saisonauftakt vor heimischem Publikum gehörig misslang. Mit 0:1 unterlagen die Schützlinge von Otto Rehhagel gegen den VfL Bochum. Sein erstes Tor für den FCK markierte er am 26. August 2000, als der FCK in der 1. Runde des DFB-Pokals die Offenbacher Kickers am Bieberer Berg mit 4:0 bezwang. Dabei traf er kurz vor dem Halbzeitpfiff zum zwischenzeitlichen 2:0 für die Roten Teufel. Auch in der Bundesliga markierte Vratislav Lokvenc seinen ersten Treffer bei einem 4:0-Auswärtssieg. Am 14. Oktober markierte er beim Gastspiel gegen die Münchner Löwen im Olympiastadion ebenfalls das zwischenzeitliche 2:0 für den FCK. Hier allerdings kurz nach der Halbzeitpause. In der restlichen Vorrunde kam er in seiner ersten Spielzeit am Betzenberg meist nur noch von der Bank oder spielte gar nicht. Doch in der Rückrunde startete der Tscheche richtig durch. In der Bundesliga absolvierte er 15 der 17 Spiele, stand in immerhin elf Begegnungen in der Startelf und erzielte acht Tore für den FCK. Eine Bilanz, mit denen er sich in die Herzen der FCK-Fans katapultierte.
Auf internationalem Parkett gab es für Vratislav Lokvenc in seiner Premierensaison am Betzenberg mindestens einen pikanten Auftritt. Der FCK hatte sich im UEFA-Cup bis zur 3. Runde bereits gegen Bohemians Dublin, Iraklis Saloniki und die Glasgow Rangers durchgesetzt, da wollte es das Los, dass die Roten Teufel im Achtelfinale gegen Sparta Prag die Klingen kreuzen sollten, also den Ex-Verein von Vratislav Lokvenc. Im Hinspiel in Prag stand nach 90 Minuten ein torloses Unentschieden zu Buche. Das Rückspiel eine Woche später gewannen die Roten Teufel vor heimischem Publikum knapp mit 1:0. Das Tor des Tages erzielte ausgerechnet Vratislav Lokvenc! Der FCK erreichte in jener Spielzeit übrigens nach zwei Siegen gegen den PSV Eindhoven im Viertelfinale, das Halbfinale. Dort setzte es gegen den spanischen Club Deportivo Alavés mit 1:5 im Hin- und 1:4 im Rückspiel allerdings zwei deftige Niederlagen.
In der Saison 2000/01 und in den drei darauffolgenden Spielzeiten avancierte Vratislav Lokvenc zusammen mit seinem Sturmkollegen Miroslav Klose zum Publikumsliebling und beide zu einem außerordentlich erfolgreichen Stürmerduo, die für den FCK sowas wie zur personifizierten Lebensversicherung wurden. Beide Offensivakteure trafen übrigens erstmals gemeinsam in einem Spiel bei der UEFA-Cup-Begegnung gegen die Glasgow Rangers am 7. Dezember 2000, als Miroslav Klose den FCK in der 8. Minute in Führung brachte und Vratislav Lokvenc in der 79. Minute mit dem 3:0 den Schlusspunkt der Partie setzte. In der Bundesliga gelang es den beiden Stürmern am 29. Spieltag der Saison 2000/01 sich in einem Spiel beide in die Torschützenliste einzutragen. Beim 4:2-Heimsieg gegen Eintracht Frankfurt brachte Vratislav Lokvenc den FCK bereits in der 1. Minute in Führung. In der 52. Minute war es erneut der Tscheche, der zum zwischenzeitlichen 3:2 traf, ehe Miroslav Klose mit dem 4:2 in der 89. Minute den Schlusspunkt der Partie setzte.
Erreichte der FCK mit seinem erfolgreichen Stürmerduo in den beiden Spielzeiten 00/01 und 01/02 jeweils einen achtbaren achten und siebten Tabellenrang, wurde es in den beiden darauffolgenden Spielzeiten deutlich enger. In der Saison 2002/03 waren es acht Tore von Vratislav Lokvenc und neun Tore von Miroslav Klose, die dazu beitrugen, dass der FCK noch den 14. Tabellenplatz erreichte. In der darauffolgenden Spielzeit schlich das Abstiegsgespenst bis zum 33. Spieltag um den Lauterer Betzenberg, ehe Vratislav Lokvenc am letzten Spieltag im Heimspiel gegen den ambitionierten BVB aus Dortmund mit seinem Treffer zum 1:1-Endstand den Klassenerhalt endgültig sicher gemacht hatte. Delikat dabei, der Weggang von Vratislav Lokvenc zum VfL Bochum war längst bekannt und mit dem 1:1 gegen Borussia Dortmund am letzten Spieltag der Saison, sicherte Vratislav Lokvenc dem FCK nicht nur den Klassenerhalt, sondern drängte den Gegner Borussia Dortmund auch von Tabellenplatz 5, der noch zur Teilnahme am UEFA-Cup berechtigt hätte. Diesen belegte stattdessen der VfL Bochum, der neue Arbeitgeber von Vratislav Lokvenc. Für den FCK hatte Vratislav Lokvenc in vier Jahren am Betzenberg 148 Pflichtspiele absolviert (48 Tore), in 116 der Partien hatte er für die Roten Teufel das Trikot in der Bundesliga getragen und dabei 36 Tore markieren können.
In Bochum erfüllte er die in ihn gesteckten Erwartungen leider nicht, trotz zehn erzielter Tore. Der Verein schied frühzeitig aus dem Europapokal aus. Nach dem Abstieg des VfL am Ende der Saison wechselte Vratislav Lokvenc zum österreichischen Bundesligisten nach Salzburg. Dort kam er meist als Einwechselspieler zum Einsatz und spielte in der Rückrunde der Saison 2007/08 auf Leihbasis beim FC Basel. Da er sich auch dort nicht hatte durchsetzen können, ging er zur Saison 2008/09 zum deutschen Zweitligaaufsteiger FC Ingolstadt 04. Mit den Ingolstädtern stieg er zum Ende der Saison aus der 2. Bundesliga ab. Vratislav Lokvenc wohnte zu der Zeit mit seiner Familie in Salzburg. Da eine Verpflichtung bei einem österreichischen Club nicht mehr zustande kam, blieben die Schanzer die letzte Station seiner aktiven Fußballerkarriere. Vratislav Lokvenc beendete im Sommer seine Karriere endgültig.
Bereits 2006 nach der Weltmeisterschaft in Deutschland hatte Vratislav Lokvenc schon seine Nationalmannschaftskarriere beendet. Sein Debüt im Nationaltrikot gab er übrigens am 6. September 1995 beim 2:0-Sieg im EM-Qualifikationsspiel in Prag gegen Norwegen. Sein zweites und vorerst letztes Spiel absolvierte er am 15. November 1995 beim 2:0 in der EM-Qualifikation an gleicher Ort und Stelle gegen Luxemburg. Erst ab 1997 wurde er regelmäßiger eingesetzt. Mit der tschechischen Nationalmannschaft nahm er an den Europameisterschaften 2000 in Belgien und den Niederlanden sowie 2004 in Portugal und an der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland teil. Das zweite Gruppenspiel am 17. Juni 2006 gegen Ghana bei der WM 2006 war sein letztes Länderspiel. Nach einer weiteren Niederlage in der Gruppenphase war es auch das vorzeitige Aus bei der WM in Deutschland. Im September 2006 trat Vratislav Lokvenc aus der Nationalmannschaft zurück, für der er in 74 Länderspielen 14 Tore erzielt hatte.
Zur Saison 2010/11 kehrte der hünenhafte Stürmer mit seiner Familie nach Tschechien zurück, schloss sich als Spielertrainer dem Viertligisten SK Union Čelakovice an und arbeitete danach als Scout des FC Basel, für die Slowakei und Tschechien sowie als Spielerbeobachter. Blickt Vratislav Lokvenc heute auf seine Fußballer-Vita zurück, zieren märchenhafte 503 Pflichtspiele, in denen er 169 Tore erzielte, eine 17-jährige Profikarriere. Intensiven Kontakt zu ehemaligen Mannschaftskollegen in Kaiserslautern gebe es nicht mehr, gab Vratislav Lokvenc bereits vor Jahren zu Protokoll. Doch den FCK verfolge er immer noch. Vielleicht Grund genug, zusammen mit Pavel Kuka und Miroslav Kadlec mal ein Heimspielwochenende in Kaiserslautern zu verbringen? Ein wie auch immer organisierter Besuch im FCK-Museum wäre garantiert! Versprochen!
Das gesamte Museumsteam und die gesamte FCK-Familie gratulieren aber heute erstmal herzlichst zum 50. Geburtstag und wünschen nur das Allerbeste!