Am Dienstag, 8. Februar 2021, hätte FCK-Ehrenspielführer Horst Eckel seinen 90. Geburtstag gefeiert. Hans Walter vom FCK-Museumsteam erinnert sich an die im Dezember 2021 verstorbene FCK-Legende.
Kaum etwas ist so vergänglich, wie in sportlichen Disziplinen erworbener Ruhm. Nur wenigen Persönlichkeiten des Sports war es vergönnt, über einen Zeitraum von mehr als einer Generation in der Erinnerung der Mitmenschen lebendig zu bleiben; als prominentes Beispiel sei der Boxweltmeister Max Schmeling genannt.
Eine überragende Ausnahme bilden indes die Spieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die 1954 nach dem Endspielsieg gegen die damals als bestes Team der Welt gerühmten Ungarn überraschend Weltmeister geworden sind. Jene deutschen Spieler, die unter Bundestrainer Sepp Herberger und mit ihrem Kapitän Fritz Walter den goldenen WM-Pokal nach Deutschland holten, sind 68 Jahre nach dem Triumph von Bern noch immer fest im kollektiven Gedächtnis ihrer Landsleute verankert, stehen auch nach ihrem Tode noch auf ihrem hohen Siegerpodest, genießen nach wie vor dankbare Anerkennung und liebevolles Ansehen.
Neun Jahre nach dem Ende des verheerenden Zweiten Weltkrieges und der NS-Diktatur erweckte der sportliche Erfolg von 1954 in dem geschlagenen, geteilten, geächteten und jahrelang international isolierten Deutschland neues Selbstbewusstsein, vermittelte den Menschen in der jungen Bundesrepublik Zuversicht und Selbstwertgefühl und kennzeichnete die Epoche des rasanten Wiederaufbaues und des beginnenden Wirtschaftswunders. Für immer wird die politische und wirtschaftliche Erholung der Bundesrepublik Deutschland nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges und den nachfolgenden Not- und Hungerjahren emotional mit dem Erringen der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in engem Zusammenhang stehen.
Mit Horst Eckel ist am 3. Dezember 2021 der letzte noch lebende Spieler der Weltmeistermannschaft mit 89 Jahren aus dem Leben abberufen worden; am heutigen Dienstag, 8. Februar 2021, hätte er seinen 90. Geburtstag feiern können.
Horst Eckel, Meisterspieler des 1. FC Kaiserslautern, reiste 1954 mit damals 22 Jahren zum WM-Turnier in die Schweiz; als jüngster Spieler der Nationalmannschaft wurde er oft „Benjamin“ genannt, seine schmächtige Statur sowie seine Schnelligkeit brachten ihm überdies den Spitznamen „Windhund“ ein. Hinter Horst Eckel lag aber bereits ein Karrierestart, der ans Wunderbare grenzt.
Der am 8. Februar 1932 geborene Horst Eckel spielte als Kind bereits begeistert Fußball und wurde nach Kriegsende Torjäger in der Jugendmannschaft seines Heimatortes Vogelbach in der Westpfalz. Mit einer Sondergenehmigung konnte er bereits 1947 bei Spielen der Aktivenmannschaft eingesetzt werden und als schneller, technisch versierter Stürmer erzielte er Tore wie am Fließband. Kein Wunder, dass man auch in Kaiserslautern bald auf Horst Eckel aufmerksam wurde. Bei einem Freundschaftsspiel der Vogelbacher in Kindsbach war der damalige Junioren- und spätere Cheftrainer des FCK, Richard Schneider, anwesend und konnte sich vom Können des jungen Mannes überzeugen, dem in dieser Begegnung sechs Tore gelangen. Eckel erhielt eine Einladung zum Training bei der Juniorenmannschaft des FCK – und Richard Schneider zeigte sich von dessen Talent ebenso überzeugt wie Fritz Walter – und so erfolgte 1949 Eckels Wechsel auf den Betzenberg.
Horst Eckel hatte damals eine Ausbildung bei der Firma Pfaff begonnen. Den Weg von seinem Heimatort Vogelbach nahe der saarländischen Grenze zu seinem knapp 30 km entfernten Arbeitsplatz bewältigte der junge Sportler zunächst bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad, später mit einem Moped oder mit der Eisenbahn.
Beim Training mit den erfahrenen Kameraden beim FCK spürte Horst Eckel sofort, dass er noch vieles lernen und eifrig üben musste, um in der damals schon berühmten Waltermannschaft bestehen zu können. In ehrlicher Offenheit gestand er später, bei seinem ersten Einsatz in der Aktivenmannschaft kaum einmal den Ball gesehen zu haben. Doch der Trainer und Fritz Walter mahnten den jungen Spieler zu Geduld – und ein Jahr später, in der Saison 1950/51, konnte Eckel bei sechs Ligaeinsätzen als Stürmer für den FCK immerhin sieben Tore erzielen. Sein Stern begann während der Endrundenspiele zur Deutschen Meisterschaft 1951 hell zu leuchten. In sechs Spielen kam Horst Eckel zum Einsatz und er leistete mit seinen sechs Toren in diesen Begegnungen (gegen Fürth, St. Pauli und Schalke 04) einen überragenden Beitrag, dass sein 1. FC Kaiserslautern in Berlin ins Endspiel gegen Preußen Münster einziehen konnte. Für das Finalspiel wurde Horst Eckel als Rechtsaußen nominiert und er war mit seinem couragierten Spiel wesentlich am 2:1-Erfolg des FCK beteiligt, auch wenn für die beiden Tore zum Lauterer Endspielsieg Ottmar Walter verantwortlich zeichnete. 1951 zeigte auch Bundestrainer Herberger Interesse an dem schnellen und konditionsstarken FCK-Spieler – und Fritz Walter bezeichnete Horst Eckel dem „Chef“ gegenüber als „Windhund“, auf den man durchaus bauen könne. Bald darauf erfolgte Eckels Berufung in die deutsche Nationalmannschaft, für die er bis 1958 immerhin 32 Länderspiele absolvieren sollte.
Horst Eckel besaß natürlichen Ehrgeiz und ein hohes Maß an Disziplin und Spielverständnis. Er vermochte die taktischen Anordnungen des FCK-Trainers Richard Schneider sowie des Bundestrainers Sepp Herberger ausgezeichnet umzusetzen und zuverlässig Sonderaufgaben während eines Spieles zu erfüllen.
So gelang die Umschulung des Stürmers zum rechten Außenläufer problemlos, wobei ihm seine Schnelligkeit, seine Zweikampfstärke und Hartnäckigkeit zugutekamen. Oft genug entwickelte er auch als Mittelfeldakteur starken Drang auf das gegnerische Tor, wovon in seinen 213 für den FCK bestrittenen Pflichtspielen 64 Torerfolge Zeugnis ablegen.
1953 war Horst Eckel beim zweiten Meisterschaftstriumph seines FCK gegen den VfB Stuttgart ebenso mit von der Partie, wie auch bei den Endspielniederlagen 1954 (gegen Hannover 96) und 1955 (gegen Rot-Weiss Essen).
Das Jahr 1954 bescherte Horst Eckel und seinen Kameraden von der Nationalmannschaft mit der Weltmeisterschaft in der Schweiz den glanzvollen Höhepunkt ihrer Fußballerkarrieren. Trotz einer deftigen Niederlage gegen den hohen Favoriten Ungarn in der Vorrunde konnte sich die deutsche Mannschaft in zwei Spielen gegen die Türkei durchsetzen und nach Erfolgen gegen Jugoslawien (2:0) und Österreich (6:1) in das Endspiel einziehen. Gegner war erneut die „Wundermannschaft“ aus Ungarn, die seit vier Jahren kein Spiel verloren, England im Wembley-Stadion bezwungen hatte und 1952 Olympiasieger geworden war. Horst Eckel und Werner Liebrich hatten sich im Finalspiel nach Anweisung von Sepp Herberger die Bewachung der gefährlichen ungarischen Stürmer Puskas und Hidegkuti so zu teilen, dass der oft hinter den Spitzen agierende Hidegkuti seine Gefährlichkeit auch bei plötzlichen Vorstößen nicht entfalten konnte. Um Torjäger Kocsis kümmerte sich indes Karl Mai aus Fürth. Mit Ausnahme der aus deutscher Sicht unglücklich verlaufenen Anfangsphase des Spiels fruchteten diese Maßnahmen hervorragend – und nach den Toren von Maxl Morlock und Helmut Rahn zum 3:2-Sieg konnte Horst Eckel mit seinen Kameraden – darunter vier vom FCK – auf den Schultern begeisterter Anhänger als Weltmeister das Berner Wankdorfstadion verlassen.
Horst Eckel erlebte in seiner Karriere auch Rückschläge, so zum Beispiel, als ihn nach der Weltmeisterschaft ein Beinbruch längere Zeit außer Gefecht setzte, ehe er sowohl beim FCK als auch in der Nationalmannschaft seine erfolgreiche Laufbahn fortsetzen und 1958 an der Seite von Fritz Walter noch das Weltmeisterschaftsturnier in Schweden bestreiten und sich bis ins Halbfinale vorkämpfen konnte, das gegen die Gastgeber in einem harten Spiel jedoch mit 1:3 verloren wurde.
Wie sein Kapitän, Mentor und Freund Fritz Walter bekam auch Horst Eckel sehr verlockende Angebote für einen Wechsel ins Ausland – zum Beispiel nach England, doch der bodenständige und heimatverbundene Pfälzer lehnte ab. Er war allerdings klug genug, rechtzeitig für das Leben nach der Fußballerkarriere vorzusorgen. So verließ er aus beruflichen Gründen 1960 den Betzenberg, ließ sich reamateurisieren und wechselte nach Völklingen, wo er in einem großen Betrieb mit den Werksangehörigen trainierte und für die dortige Mannschaft weiterhin Fußball spielte. Mit seiner Ehefrau Hannelore betrieb er anschließend ein Sporthotel in dem Hunsrückstädtchen Morbach und begann in Trier ein Studium, mit dem er die Lehrbefähigung für die Fächer Sport und Werken erwarb. Bis zu seiner Pensionierung in den Neunzigerjahren war er als kompetente und beliebte Lehrkraft an der Realschule Kusel tätig; wohnhaft blieb er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in seinem Heimatort Vogelbach.
Der stets faire, sympathische und bescheidene Sportsmann Horst Eckel wirkte für die Sepp-Herberger-Stiftung und bei der Initiative „Respekt!“ und gründete mit seiner Tochter Dagmar selbst die Horst-Eckel-Stiftung. Für sein großes soziales Engagement erhielt Eckel hohe Auszeichnungen und er spielte noch weit über das Pensionsalter hinaus in erstaunlicher körperlicher Fitness in der FCK-Traditionsmannschaft und in Prominententeams mit. Nach ihm sind die Sportanlage seiner Heimatgemeinde, ein Gebäude der Realschule Kusel sowie ein Eisenbahnzug benannt. Horst Eckel war auch ein ausgezeichneter Tennis- und reaktionsschneller Tischtennisspieler. Der Sportbund Pfalz würdigte seine Lebensleistung mit einer Sonderausstellung im Sportmuseum Hauenstein, die zu Ehren der kürzlich verstorbenen FCK-Ikone in den kommenden Wochen in der Pfalzbibliothek Kaiserslautern ausgestellt wird.
Horst Eckels Ruhm als Weltmeister und Deutscher Meister des 1. FC Kaiserslautern ist dank seiner vorbildlichen Persönlichkeit auch fast sieben Jahrzehnte nach seinen großen Erfolgen und über seinen Tod am 3. Dezember 2021 hinaus nicht verblasst und dient auch der gegenwärtigen Generation als leuchtendes Beispiel.
Am 8. Februar 2022 wäre Horst Eckel 90 Jahre alt geworden. Seine Freunde und Anhänger gedenken des jüngsten „Helden von Bern“ in dankbarer Erinnerung und verneigen sich vor einem der ganz Großen des 1. FC Kaiserslautern und des deutschen Fußballs.