Hallo Gunther! Eine turbulente Saison mit Höhen und Tiefen liegt hinter Dir und Deiner Mannschaft. Nach einem denkbar engen Saisonfinale müsst Ihr trotz 30 Punkte den Gang in die Regionalliga antreten. Dennoch habt Ihr oft gezeigt, dass Ihr mit den anderen Bundesligateams mehr als mithalten könnt. Was hat am Ende gefehlt, um dann auch die nötigen Punkte mitzunehmen?
„Wir haben uns im NLZ natürlich auch zusammengesetzt und überlegt, woran es gelegen hat. Ich denke, es waren viele Kleinigkeiten. Wir bewegen uns in der Bundesliga Süd/Südwest auf einem sehr hohen Leistungsniveau, die Liga ist in der Breite mit Sicherheit eine der stärksten A-Juniore- Ligen. Sowohl in der Staffel West als auch Nord/Nordost stünden wir mit 30 Punkten über dem Strich. Aber das hilft uns nichts, wir wollen auch keine Ausreden suchen. Wir haben uns dieser Aufgabe gestellt, in der Rückrunde ist aber Einiges nicht gelungen. Es waren viele enge Spiele, die wir nicht für uns entscheiden konnten. Dazu hatten wir sehr viele verletzungsbedingte Wechsel im Team. In der Vorrunde hatten wir weniger Verletzungen, haben es geschafft, oft am Limit zu spielen. Am Ende waren es dann Nuancen, nicht nur bei uns. Es haben ja viele sehr große Vereine mit uns um den Klassenerhalt gekämpft.“
In der Nachwuchsarbeit geht es nicht immer nur um Ergebnisse und Tabellenplätze. Was genau steht im Vordergrund Deiner Arbeit als Junioren-Coach?
„Natürlich wollen wir in der Bundesliga spielen. Aber das Ziel unserer Arbeit ist immer die Ausbildung. Allein die Bundesligazugehörigkeit ist nicht entscheidend dafür, wie sich ein Spieler entwickelt. Es ist immer entscheidend, was ein Spieler bereit ist, zu investieren.“
Trotz der Regionalliga wollt Ihr kommende Saison auf Augenhöhe mit Bundesligateams bleiben. Wie wollt Ihr das umsetzen?
„Unsere Trainingsintensität bleibt genauso hoch wie in der Bundesliga, auch unsere Qualität im Training wird groß bleiben. Wir werden, wie auch die letzten Jahre schon, immer wieder Freundschaftsspiele gegen Seniorenmannschaften bis in die Oberliga sowie Junioren-Bundesligateams einstreuen, um immer wieder diese Vergleiche zu haben. Nochmal: Ohne Frage, wir wollen in der Bundesliga spielen! Aber für die Jungs ist es kein verlorenes Jahr, du kannst dich in der Regionalliga genauso weiter entwickeln. Wir werden zwar nicht jedes Wochenende auf Gegner auf allerhöchstem Niveau treffen, dafür gehst du nun in jedes Spiel als Favorit. Das ist etwas ganz Anderes, wir müssen nun jedes Spiel selbst gestalten. So kann man sich auch als Persönlichkeit enorm weiterentwickeln, muss auch mehr Verantwortung übernehmen.“
Kann die Saison 2012/2013 als Vorbild für dieses Unterfangen gewertet werden? Damals konntet Ihr neben der Regionalligameisterschaft im DFB-Pokal das Finale erreichen und gleich mehrere Bundesligisten ausschalten.
„Absolut. Gerade an Jungs wie Manni Osei Kwadwo, Michael Schindele und Raphael Sallinger sieht man ja, dass dieses Jahr ihrer Entwicklung nicht im Weg stand.“
Vorbilder, die es in den Seniorenbereich geschafft haben, gibt es für Deine Jungs also genug. Gerade dieses Jahr sind viele Jungs, die eines deiner Nachwuchsteams durchlaufen haben, für die Profis aufgelaufen. Mit welchem Gefühl beobachtest Du das?
„Das ist der Lohn für jeden einzelnen Mitarbeiter im Nachwuchsleitungszentrum. Das ist der Grund, weshalb wir hier arbeiten. Wenn du oben auf dem Betzenberg auf der Tribüne sitzt und siehst einen deiner ehemaligen Spieler im Stadion einlaufen, macht dich das natürlich stolz. Dafür bin ich Trainer. Wir alle, nicht nur die Trainer, wenden all unsere Energie auf, damit junge Spieler ihrem Traum näher kommen. Es sind aber nicht nur die Spieler, die es in die Bundesliga schaffen, für die wir arbeiten. Auch für alle Anderen, die ihren Weg in die Oberligen, die Regionalligen oder die 3. Liga machen und die wir hoffentlich auch menschlich weitergebracht haben.“
Es können natürlich nicht alle Talente den Weg schaffen. Wie erklärst Du das den jungen Spielern?
„Fußball ist eben ein Verdrängungswettbewerb, das wissen auch alle. Ich sage den Jungs immer, dass es nicht nur einen Weg gibt. Viele Wege können ans Ziel führen. Nur weil es bei uns für einen Spieler nicht weiter geht, muss seine Karriere ja noch lange nicht beendet sein. Im Fußball kann sich auch ein Schritt zurück später als Schritt nach vorne erweisen. Man sieht das permanent im Fußball, viele Spieler entwickeln sich erst sehr spät, andere sind schon früh sehr weit. Jeder muss da seinen Weg selbst finden. Wichtig ist nur, dass du dich als Spieler jeder Veränderung stellst. Auch mit dem ersten Profivertrag hast du es noch lange nicht geschafft. Du musst dich ständig weiter entwickeln, um in diesem Geschäft zu bestehen.“
Auf der anderen Seite rücken von unten auch bei Dir jedes Jahr neue Spieler aus der U17 auf. Die Jungs haben eine hervorragende Spielzeit hinter sich, bei der am Ende Platz 6 raussprang. Gerade gegen Ende der Saison haben einige Spieler bereits bei Dir in der U19 mitgespielt. Wie groß ist die Vorfreude, mit den Jungs das Projekt Wiederaufstieg anzugehen?
„Die Jungs haben gezeigt, dass sie einen guten Charakter haben und auch sehr gut Fußball spielen können. Wir werden einen sehr jungen Kader haben, aber auch einen sehr guten, davon bin ich überzeugt. Es wird Spaß machen, aus ihnen ein neues Team zu formen. Dazu werden wir vielleicht ein, zwei Neuzugänge holen und einige aus dem älteren Jahrgang bleiben im Kader. Ganz klar, wir wollen mit diesem Kader den Wiederaufstieg schaffen! Aber ein Selbstläufer wird es sicherlich nicht. Gerade die Relegation gegen die hessische Staffel um den Aufstieg ist nie einfach. Aber wir gehen das an!“
Vor Deiner Trainerlaufbahn steht eine lange und sehr erfolgreiche Spielerkarriere. Du musstest Dich selbst als junges Talent durchbeißen. Was hat sich im Vergleich zu Deiner Zeit heute geändert?
Heute wie damals: Du bekommst nichts geschenkt! Es ist ein begehrter Markt. Jedes Jahr kommen unzählige Talente aus den Leistungszentren, die alle immens viel investiert haben. Daran hat sich nichts geändert. Heute sind die Spieler in ihrer Entwicklung meistens schon ein Stück weiter, als wir es im selben Alter waren. Das liegt vor allem an der höheren Intensität und dem Niveau in den Leistungszentren. Medial hat sich natürlich viel verändert. Es prasselt viel auf junge Spieler ein, der Druck ist groß. Aber auch früher musste man klar genug im Kopf bleiben, mit Lob und Kritik gleichermaßen umgehen können. Es kommt auch heute noch darauf an: Du musst bereit sein, alles zu geben und brauchst die entsprechenden Fähigkeiten dazu. Das Gesamtpaket muss einfach stimmen.“
Du arbeitest nun schon seit 2001 für das Nachwuchsleistungszentrum. Würdest Du den Trainerjob hier im Juniorenbereich des FCK als Deinen Traumjob bezeichnen?
Ursprünglich hatte ich es überhaupt nicht geplant, Trainer zu werden (lacht). Aber jetzt bin ich froh, dass es so gekommen ist. Wir haben hier ein gutes Niveau und ich habe einfach Spaß am Job, arbeite gerne mit jungen Menschen und fühle mich total wohl. Ich hoffe, dass ich den Jungs auf ihrem Weg immer etwas mitgeben kann, denn sie sind alle fleißig und brutal lernwillig. Für mich ist es sehr wichtig, gerne als Trainer zu arbeiten. Nur wenn du mit Spaß arbeitest, kannst du auch gut in dem sein, was du machst. Deshalb habe ich mich auch nie mit etwas Anderem beschäftigt, seitdem ich hier Trainer bin.“