Sein Blick ging aus der Windschutzscheibe des fahrenden Autos heraus Richtung Himmel und dann auf die sich im Wind bewegenden Bäume am Straßenrand. Leichte Skepsis aber auch Vorfreude machten sich breit bei dem jungen Mann. Sidney Sams Wunsch, einmal in einem Hubschrauber mitfliegen zu dürfen und auch seinen Arbeitsplatz, das Fritz-Walter-Stadion, aus der Luft  zu betrachten, wurde an diesem Donnerstagnachmittag Wirklichkeit.

Im Gebäude der Deutschen Vermögensberatung am Zweibrücker Flugplatz erwartete ihn bereits Werner Schmitt. Der Pilot, der auch den Förderverein für allgemeine Luftfahrt Homburg Zweibrücken gegründet hat und Direktionsleiter der Deutschen Vermögensberater AG ist, hatte Sidneys Flug möglich gemacht. „Herzlich Willkommen, ich habe extra einen Fluglehrer mitgebracht für heute, denn Du willst sicher auch einmal ans Steuer wenn Du Richtung Kaiserslautern fliegst, oder?“ Sids Augen wurden größer. „Das geht auch??“ „Na klar“, lächelte der Vereinsvorsitzende, „Zeljko ist ein erstklassiger Mann und ein absoluter Hubschrauberprofi. Er zeigt Dir schon, wie man so eine Kiste fliegt!“

Der 22-Jährige hat schon sehr früh mit dem Fußballspielen angefangen. Sein nigerianischer Vater Phillips, der damals  Bambini-Trainer des Kieler Clubs TuS HM Mettenhof war und bereits Sidneys älteren Bruder Steve trainiert hatte, brachte seinen jüngsten Sohn mit vier Jahren mit Fußball in Verbindung. „Ganz am Anfang musste ich ins Tor“, erinnert Sidney sich, „ich hab‘ dann aber irgendwann erkannt, dass ich eher Spaß daran habe, Feldspieler zu sein und wollte auch ehrlich gesagt nicht mehr zwischen den Pfosten stehen – so war meine Keeper-Karriere schnell beendet“, erzählt er schmunzelnd.  

Eine weitere, kurze Autofahrt später traf der Fußballprofi den Hubschrauberprofi. „Hi, ich bin Zeljko“, stellte sich der Fluglehrer vor, „und das  hier ist unsere Maschine!“ Er deutete auf den in der Sonne blitzenden, schwarzen Helikopter mit goldenen Streifen. Der Mittelfeldspieler ging auf den Heli zu. Man merkte ihm jetzt deutlich ein wenig Nervosität, aber noch mehr die Vorfreude an. „Starkes Teil, oder?“  Die Hand ging direkt zur Tür des Fluggeräts. „Richtig, setz‘ dich gleich mal rein“, rief Werner Schmitt, „dann erkläre ich Dir mal die Instrumente.“

In seiner Heimatstadt Kiel wechselte der damalige Jugendspieler Sid dann weiter zu größeren Vereinen, zunächst ging es zur D-Jugend des FC Kilia und dann schließlich zu Holstein Kiel, was seinen Weg in die Jugend-Landesauswahl Schleswig Holsteins  und in die DFB-Auswahl letztlich ebnete. „Dann wurden viele Bundesligisten auf mich aufmerksam, ich habe mich schließlich für den HSV entschieden, unter anderem weil es nicht ganz so weit weg ist von der Heimat“, erzählt der 22-Jährige. Dort unterschrieb  er nach vielen Einsätzen für die Jugendteams und die U23 mit 18 einen Profivertrag unter dem damaligen Trainer Huub Stevens.

„Die wichtigsten drei Instrumente sind diese – der Rotor-Drehzahlmesser, der Motor-Drehzahlmesser und die Sprit-Anzeige“, deutete Schmitt auf kreisrunde Displays vor Sidney, der inzwischen auf dem mit beigem Leder überzogenen Pilotensitz Platz genommen hatte, „ohne Kraftstoff geht natürlich nichts mehr, drei Stunden lang hält eine Tankfüllung. Allerdings kann man den Hubschrauber sogar noch landen, wenn der Motor ausgefallen ist, denn der Rotor dreht sich trotzdem weiter, was für eine Landung in der Regel noch ausreicht.“ Der Mittelfeldmann war  jetzt „angefixt“ und ließ eine Frage nach der anderen auf den Vereinsvorsitzenden los. „Wie lange würden wir denn nach Hamburg brauchen?“ „Ich schätze in zweieinhalb Stunden wären wir da, schließlich bist Du mit 250 km/h unterwegs“, klärte ihn Werner Schmitt auf, „aber erst fliegt Zeljko mit Dir jetzt mal zum Betzenberg.“

Nach Kaiserslautern ging es für Sid im Alter von 20. „Es gab auch Überlegungen, nach Holland in die Erste Liga zu gehen“, erinnert er sich, „aber nachdem ich beim HSV nicht so recht zum Zug kam und der FCK angefragt hatte, war für mich die Entscheidung leicht.“ Inzwischen ist klar: Der Wechsel von Sidney Sam zum pfälzischen Traditionsverein  war ein Volltreffer – auch wenn es in der Saison 2008/09 noch nicht ganz danach aussah. „Ich habe in der ersten Spielzeit  beim FCK noch nicht so konstante Leistungen gebracht, aber immer weiter hart gearbeitet und vor allem immer an mich geglaubt. Ich denke, das war der ausschlaggebende Punkt dafür, dass es jetzt so gut läuft.“ Sid hat eine Riesenentwicklung hinter sich. Er ist aktuell trotz seines noch jungen Alters absoluter Leistungsträger, Stammspieler und Top-Torschütze in der Mannschaft von Trainer Marco Kurz. Ob man sich an den wichtigen Führungstreffer beim Pokalspiel und späteren Sieg gegen Bayer 04 Leverkusen erinnert, an das wunderschön herausgespielte Tor gegen den MSV Duisburg im September 2009 oder den Dreierpack beim Rückrunden-Auswärtssieg in Aachen – Sid zeigte seine Fähigkeiten mehr als einmal in dieser Saison. Auch im deutschen U21-Team ist Sidney Sam zur Zeit nicht mehr wegzudenken. Zwar hat das Team von Rainer Adrion nach dem 2:2-Unentscheiden im März gegen Island nur noch eine kleine Möglichkeit, sich für die EM-Endrunde 2011 in Dänemark zu qualifizieren, aber Sidney gibt sich kämpferisch: „Chancen haben wir in jedem Fall noch und so lange das der Fall ist, glauben wir auch dran.“    

Die beiden Männer starteten den schwarzen Robinson R44. Der Motor sprang mit einem knurrenden Geräusch an, während sich der Rotor langsam in Bewegung setzte. „Jetzt brauchen wir zuerst einmal Starterlaubnis“, erklärte Fluglehrer Zeljko dem U21-Nationalspieler. Während die Rotorblätter langsam Fahrt aufnahmen, funkte der Pilot den Zweibrücker Tower an – die Antwort ließ jedoch etwas auf sich warten. „Es ist wichtig, dass der Luftraum gerade frei ist, bevor wir hochgehen“, so Zeljko Brkic, „jetzt nimm mal den Steuerhebel in die Hand, dann ziehen wir den Heli zusammen hoch!“ Schließlich erreichte der Motor die Startdrehzahl, der Hubschrauber hob langsam von seinem Standplatz ab und verschwand mit einer schwungvollen Linkskurve hinter einem Hangar und anschließend im etwas wolkenverhangenen Zweibrücker Nachmittagshimmel.

Privat verbringt Sid zur Zeit sehr viel Zeit mit seinem Boxerwelpen Sisko. Zusammen mit Freundin Joyce erkundet er mindestens einmal pro Tag den Pfälzer Wald rund um die Barbarossastadt. Die ideale Umgebung für den frischgebackenen Hundebesitzer – Sisko gefällts in jedem Fall. „Er ist einfach ein toller Hund, man merkt deutlich, dass er genau weiß was er tut und vor allem, was er will. Er lernt sehr schnell“, schwärmt die Lautrer Nummer Acht,  „es macht einen Riesenspaß, Siskos Entwicklung zu beobachten.“

„Wie lange brauchen wir bis nach Lautern?“ „Naja, so in zehn Minuten sollten wir da sein“, antwortete Zeljko, während der Helikopter über die Autobahn 8 hinweg flog und man schon schon fast die Ramsteiner Airbase sehen konnte. „Hier müssen wir besonders aufpassen, denn es herrscht logischerweise reger Flugverkehr über der Base.“ Einige Funksprüche später tauchte die Silhouette Kaiserslauterns bereits vor dem R44 auf. „Da ist ja der Betze schon, Wahnsinn wie schnell das geht mit einem Hubschrauber“, war Sid beeindruckt.
Gibt es eigentlich ein Ritual, dass Sid vor Spielen aus Aberglaube immer zelebriert? Er lächelt. „Schon. Ich habe irgendwann einmal damit angefangen  vor dem Spiel „3 Punkte“ auf die Tafel vor unserer Kabine zu schreiben. Jedesmal wenn ich das getan habe, haben wir das Spiel zumindest nicht verloren.“ Torwart Tobias Sippel erinnert Sid immer daran, die Tafel zu beschriften, sodass nichts schief gehen kann.

Eine halbe Stunde später, nachdem Zeljko und Sidney mit dem R44 ein paar Runden über das Fritz-Walter-Stadion gekreist waren und der Mittelfeldspieler weitere Übungseinheiten in puncto Hubschrauberlenken bekommen hatte, setzte der Helikopter wieder in Zweibrücken auf. Werner Schmitt war gespannt auf Sids Reaktion. „Und? Hat es Spaß gemacht?“ „Wow, ja. Das war eine tolle Erfahrung für mich, vor allem weil mich Zeljko selbst hat steuern lassen. Auch unser Stadion einmal von oben zu sehen war überragend. Vielen Dank nochmal“, schilderte Sidney sein Erlebnis. Und auch Lehrer Zeljko war angetan. „Sidney hat Talent zum Fliegen! Heute hatten wir nicht gerade optimale Bedingungen, es war schon windig. Aber er hat unter meiner Aufsicht den Hubschrauber mit viel Gefühl nach oben gesteuert und ist ganz ruhig und gleichmäßig geflogen. Super.“  

Aus seinen Zielen macht Sid keinen Hehl: „Ich will in der nächsten Saison in der Bundesliga spielen!“ Dass Sidney Sam dem Hamburger Sportverein gehört und viele FCK-Fans hoffen, dass der Flügelflitzer auch in der nächsten Spielzeit auf dem Betze für Wirbel sorgen wird, ist ebenfalls kein Geheimnis mehr. Doch an die nahe Zukunft denkt er (noch) nicht: „Die nächsten Aufgaben stehen bevor. Wir bleiben weiter unserer Linie treu und konzentrieren uns auf die nächste anstehende Begegnung, dann sieht es gut aus für uns.“ Wo er mit dem FCK hin will, weiß er aber ganz genau und es gibt nicht zu leugnende Parallelen zum Flug mit dem R44: Nach oben.

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