Neben einem Buch auch ein Retro-Trikot der Fußball Nationalmannschaft. Jan Simunek freut sich und seine Freude ist ehrlich, das merkt man. Er bleibt auch gelassen, als er die Schar an Medienvertretern und die Kameras sieht, die ihm die kommenden 90 Minuten auf die Pelle rücken werden. Der 24-Jährige deutet das Interesse an ihm als Zeichen, dass er sich wieder ins Rampenlicht gekämpft  hat. Schließlich war der Verteidiger über ein Jahr außer Gefecht gesetzt.

Jan Simunek lernt nun die Personen kennen, die ihm einen Einblick in das Historische Museum der Pfalz geben. Cathérine Biasini, Leiterin des jungen Museums, und Lars Börner, Kurator der urgeschichtlichen Sammlungsausstellung. Letzterer macht aus seiner Verbundenheit zu den Roten Teufeln keinen Hehl, trägt sogar einen FCK-Schal. Dann geht es los mit der Führung durch die Urgeschichte. Direkt zu Beginn grüßen Homo-
sapiens und Neandertaler – lebensgroß. Weiter geht der Streifzug durch die Steinzeit, der Fußballprofi bekommt die frühesten Werkzeuge, Waffen und Steinzeitkleider gezeigt, manche stammen aus dem Jahr 5.500 v. Chr. Er geht durch einen Nachbau eines der ältesten Häuser und posiert vor einem keltischen Fürsten. Der 24-Jährige wirkt interessiert, hört zu, fragt nach und lässt sich auch vom ständigen klicken der Fotokameras nicht aus der Ruhe bringen. Bevor es weitergeht in das Weinmuseum, bietet sich die Gelegenheit, Jan Simunek ein paar Fragen zu stellen.

Jan, man merkt Dir an, dass Du derzeit richtig gute Laune hast…
Ja, das habe ich wirklich. Ich habe vor vier Tagen mein erstes Pflichtspiel seit über einem Jahr gemacht, mein erstes Bundesligaspiel überhaupt für den FCK. Und ich bin erleichtert, dass alles gehalten hat. Ich bin einfach nur glücklich, endlich wieder Fußball spielen zu können.

Wir sind nach Speyer gefahren und werden uns das historische Museum ansehen. Bist Du denn an Geschichte interessiert?
Natürlich. Ich denke jeder findet es doch interessant, zu sehen wie es früher war, wie die Menschen gelebt haben und wie sich die Geschichte entwickelt hat. Das war bis jetzt sehr interessant und ich bin gespannt, was noch auf mich zukommt.

Es geht ja hauptsächlich um die Geschichte der Pfalz. Du bist seit rund eineinhalb Jahren beim FCK, hast Du schon etwas von der Pfalz kennengelernt?
Ehrlich gesagt nicht viel, da ich bisher kaum Zeit hatte, mich mit der Region zu beschäftigen. Mein Leben bestand im vergangenen Jahr eigentlich nur aus Reha-Maßnahmen und Fahrten nach München und zurück.  Aber jetzt ist alles vorbei. Jetzt bin ich wirklich beim FCK angekommen. Und es gibt noch so viel, was ich nachholen möchte, auch außerhalb des Platzes. Ich habe auf dem Weg hierher schon die ein oder andere Sache gesehen, die ich auch bald besuchen möchte. Wenn meine Freundin mich besuchen kommt, werden wir uns einiges anschauen.

Viele sehen in Dir eine Art Neuzugang beim FCK. Siehst Du Dich jetzt, da Du auf dem Platz stehst, auch mehr als Teil der Mannschaft?
Ich kann verstehen, dass die Fans mich als Neuzugang betrachten. Sie haben mich ja vor dem Bremen-Spiel erst einmal auf dem Platz gesehen, und das für ganze acht Minuten. Ich habe mich zwar zuvor auch als Teil der Mannschaft gesehen, aber seit ich wieder im Mannschaftstraining und jetzt auch im Team bin, ist vieles einfacher geworden. Aber auch vorher hat mir das Team immer das Gefühl gegeben, dazu zu gehören. Auch der Trainer hat mich unterstützt, hat mich sogar in München besucht. Der Verein hat mit immer geholfen, hat nie Druck ausgeübt. Daher habe ich dem Club viel zu verdanken und bin froh, jetzt endlich was zurück geben zu können.

Warst Du vor Deinem Comeback-Spiel besonders aufgeregt?
Ehrlich gesagt schon, ich denke das ist auch normal. Ich habe mich riesig gefreut, als ich kurz vor Anpfiff von der Kabine zum Spielfeld lief, musste ich die ganze Zeit lachen. Aber natürlich war auch die Angst dabei, dass wieder etwas passiert. Auf dem Platz hat sich das schnell gelegt. Und spätestens mit der ersten Grätsche war alles weg. Außerdem hatte ich das Vertrauen des Trainers, das war mir wichtig und ich wollte ihn nicht enttäuschen.

Hast Du das Pokalspiel gegen Bielefeld noch in Erinnerung?
Das Bielefeld-Spiel vergesse ich nie, das war der 26. Oktober 2010. Ich war gerade wieder fit geworden von einer Leisten-OP. Ich habe eigentlich nur einen normalen Schritt nach rechts gemacht, dann ist es passiert. Ich hatte mir das Adduktorenband abgerissen. Ein falscher Schritt, der große Auswirkungen hatte.

Es folgte eine lange Leidenszeit. Wie hast Du diese erlebt?
Zunächst wurde entschieden, die Verletzung nur konservativ zu behandeln. Ich ging davon aus, es muss nicht operiert werden. Doch dann folgten Probleme, viele verschiedene Ärzte und viele verschiedene Meinungen. Letztlich musste ich doch unters Messer, da war schon ein halbes Jahr vergangen. Und nach der OP dauerte es noch rund acht Monate, bis ich wieder richtig ins Training einsteigen konnte. Mein Leben bestand aus Untersuchungen, Aufbau- und Reha-Training. Immer wieder ging es für ein paar Tage nach München. Aber immerhin habe ich dort auch interessante Menschen getroffen. Unter anderem Bushido und Usain Bold, den schnellsten Mann der Welt.

Ganz ehrlich Jan, hast Du während dieser Zeit mal daran gedacht, aufzugeben?
Na ja, es gab schon Momente, da fiel es mir sehr schwer, mich zu motivieren. Weil es einfach trotz aller Anstrengung nicht besser wurde. Da verzweifelt man und da waren auch solche Gedanken da. Aber Fußball ist mein Leben, dafür kämpfe ich. Und ich habe meiner Familie unheimlich viel zu verdanken. Sie haben mich immer unterstützt und mir die Kraft gegeben. Auch einigen Ärzten und Physiotherapeuten möchte ich danke sagen.

Weiter geht die Führung. Im Weinmuseum geht es vorbei an einer historischen Baumkelter und einer Weinpresse aus dem Jahr 1702. Jan Simunek bekommt erklärt, wie man früher in der Pfalz Wein hergestellt und abgefüllt hat. Dann steht er vor einem ganz besonderen Gefäß. Vor ihm steht der älteste flüssig erhaltene Traubenwein der Welt. Er stammt aus der Zeit um 300 n. Chr. und wurde in einem römischen Sarkophag vor den Toren von Speyer gefunden. Fasziniert betrachtet der Tscheche die Flasche mit dem ungewöhnlichen Inhalt. Bevor es dann weiter geht zur Sammlung der Römerzeit, berichtet ihm Kurator Lars Börner die Geschichte hinter seinem Schal. „Den habe ich mir gekauft, als ich zum letzten Mal auf dem Betzenberg war, das war 2010, beim Pokalspiel gegen Arminia Bielefeld“, erklärt der 34-jährige FCK-Fan. Dass das Thema nun ausgerechnet wiederauf das verflixte Pokalspiel kommt, nimmt Jan Simunek aber mit Humor. „Dann passt es ja, dass ich jetzt hier bin. Der Kreis schließt sich“. Nach dieser Anekdote ist noch etwas Zeit für das nächste kurze Gespräch.

Jan, wir reden viel über Deine Verletzung und Dein Comeback, dabei hattest Du schon vorher einiges erreicht und erlebt. Erzähl doch mal, wann und wo hast Du angefangen Fußball zu spielen?
Angefangen habe ich als kleiner Bub mit vier Jahren, und zwar in der Schweiz. Das klingt jetzt ungewöhnlich, weil ich ja in Prag geboren bin, aber dazu muss man wissen, dass bereits mein Vater Milan Fußballprofi war. Und der ließ seine Karriere in der Schweiz ausklingen. Das war damals in der Tschecheslowakei nicht so einfach. Man konnte nicht einfach sagen „ich gehe jetzt und spiele im Ausland“. Dazu musste man mindestens 30 Jahre alt sein und über 250 Ligaspiele gemacht haben.

Aber Deine Profikarriere begann in Deiner Heimat Tschechien…
Wir sind dann als ich neun Jahre war zurück nach Prag und ich wollte natürlich weiter am Ball bleiben. Dann kam die Frage zu welchem Verein ich gehe. In Tschechien gibt es ja mit Sparta und Slavia Prag zwei große Clubs. Mein Vater war natürlich Slavia-Fan, meine Mutter jedoch Sparta-Fan, sie hat sogar selbst dort gespielt. Letztlich wurde dann entschieden, dass ich bei Bohemians anfange, einem etwas kleineren Verein. Das war wohl für den Familienfrieden. (lacht)

Dennoch hast Du mit Sparta Prag Deinen ersten großen Erfolg gefeiert….
Irgendwann landete ich doch in der Sparta-Jugend, dann in der zweiten Mannschaft und dann kamen die ersten Spiele im Profiteam. Ich war in der Jugend übrigens noch Stürmer, bin dann aber über das offensive und defensive Mittelfeld immer weiter nach hinten gerutscht, bis zum Verteidiger. 2005 wurde ich mit Sparta tschechischer Meister. Aber da habe ich nicht viele Spiele gemacht und nicht wirklich entscheidend dazu beigetragen.

Viel beigetragen hast Du dann zu Deinem nächsten Titel, der kam 2009 mit dem VfL Wolfsburg. Wie kam der Wechsel nach Deutschland zustande?
Sparta hat mich zum SK Kladno ausgeliehen, dort sollte ich Spielpraxis bekommen. Für mich ein tolles Jahr, ich habe alle Spiele in der ersten Liga bestritten. Dann kam die U20-WM in Canada, das war 2007. Ich war Kapitän, wir haben tolle Spiele abgeliefert und es bis ins Finale geschafft. Dort haben wir leider gegen Argentinien verloren. Mein Gegenspieler im Finale hieß übrigens Sergio Agüero. Im Halbfinale haben wir gegen Österreich und ich gegen Jimmy Hoffer gespielt. Überhaupt waren damals viele Spieler dabei, die es danach weit gebracht haben, wie beispielsweise Angel Di Maria oder bei uns Martin Fenin.

Wurde der VfL Wolfsburg durch die U20-WM auf Dich Aufmerksam?
Die guten Leistungen dort haben mir natürlich geholfen, aber die haben mich schon vorher beobachtet. Nach der WM sollte ich eigentlich wieder zurück zu Sparta Prag. Ich sah mich am Ziel, hatte einen neuen Vertrag, habe gleich das erste Ligaspiel gemacht und wir haben gewonnen. Endlich war ich als Profi angekommen. Doch dann ging es ganz schnell. Ich hatte Dienstag meinen Vertrag in Prag unterzeichnet, Donnerstag meldete sich der VfL Wolfsburg. Sparta Prag hat mir deutlich gemacht, dass Sie das Geld für mich unbedingt wollen und schon am zweiten Spieltag habe ich dann in Deutschland gespielt. Wir gewannen beim MSV Duisburg und ich habe gegen Ailton gespielt. Das waren aufregende Tage…

Du warst damals 20 Jahre, hat Dir die Zeit in der Schweiz geholfen, Dich so schnell in Deutschland zu Recht zu finden und die Sprache so schnell zu lernen?
Na ja, das war von 4-9 Jahren, da ist nicht wirklich viel hängen geblieben. Am Anfang war es nicht einfach, alles war neu, und die Sprache musste ich auch erst nochmal lernen. Meine ersten Interviews habe ich noch mit Dolmetscher gegeben. Ich habe damals sowieso nicht gerne Interviews gegeben. Ich weiß noch, dass ich bei der U20-WM auf einer Presskonferenz war. Wenn die mich was gefragt haben, habe ich einfach nix gesagt und Matin Fenin musste die Fragen beantworten. (lacht)

Beim VfL Wolfsburg wurdest Du dann direkt Deutscher Meister…
Das war wirklich eine verrückte Saison, vor allem die Rückrunde. Vor der Winterpause habe ich kaum gespielt. Nach der Pause habe ich dann alle Spiele gemacht und ab da haben wir nahezu alles gewonnen. Natürlich lag das nicht allein an mir, aber es war auch für mich ein fantastisches halbes Jahr. Wir hatten tolle Spieler wie Grafite oder Dzeko, und wir hatten einen absoluten Lauf, einfach alles funktionierte. Im Heimspiel gegen Bayern schießen wir sechsmal aufs Tor und gewinnen 5:1. Das ist ein bisschen das Gegenteil zu so manchem unserer Spiele in letzter Zeit.

Nach zwei Jahren Wolfsburg folgte dann der Wechsel an den Betzenberg. Was war der Grund?
Nach dem Trainerwechsel in Wolfsburg war ich aus dem Team. Armin Veh plante nicht mehr mit mir. Ich habe nur wenige Spiele gemacht und keine richtige Chance bekommen. Dann kam das Angebot aus Kaiserslautern. Ich habe Jiri Bilek angerufen, wir kannten uns damals noch nicht, und habe ihn alles über den Verein und das Team gefragt. Und er sagte „hier ist es super, komm zu uns“. Und auch wenn ich jetzt erst richtig angekommen bin, war es die richtige Entscheidung.

Wir haben einiges über den Fußballspieler Jan Simunek erfahren. Was machst Du, wenn Du mal nicht auf dem Platz stehst? Was sind Deine Hobbys?
Ich gehe gerne angeln, zusammen mit Freunden. Dabei haben wir jede Menge Spaß und ich kann gut abschalten und mich mal entspannen. Außerdem spiele ich gerne mit ferngesteuerten Flugzeugen und Autos. Da kommt wohl das Kind im Manne in mir durch. (lacht) Aber grundsätzlich bin ich eher der ruhige Typ, der gerne auch mal Filme schaut. Party machen kann ich auch, aber das geht als Fußballprofi eher selten.

Die Führung durch das historische Museum ist bald zu Ende. Was hat Dich bisher am meisten beeindruckt?
Zunächst mal, dass alle Leute hier sehr nett zu mir sind. Die Führung war sehr interessant, auch wenn ich sprachlich an meine Grenzen gestoßen bin. Also alles habe ich nicht verstanden. (lacht) Am interessantesten fand ich den ältesten Wein der Welt, auch wenn ich aus Prag komme und daher natürlich eher der Biertrinker bin, es ist wirklich unglaublich wie lange der schon existiert. Ich denke, ich komme mit meiner Freundin nochmal hier her, dann bringe ich etwas mehr Zeit mit und schaue mir alles an. Ich habe viel nachzuholen.

Zum Ende der Führung geht es in die Sammlungsausstellung der Römer. Der Tscheche staunt über die altertümlichen Fußbodenheizungen und wirft einen Blick in ein römisches Wohnzimmer. Vor einem lebensgroßen römischen Soldaten, der einem aus den Asterix-Comics bekannt vorkommt, bleiben die Beiden stehen. Als Lars Börner erklärt, dass die Soldaten damals mit dem schweren Schild und der schweren Rüstung teilweise bis zu 70 km Laufen mussten, hat Jan Simunek nur ein müdes Lächeln übrig und entgegnet: „Das kenne ich von Felix Magath und Marco Kurz“.

Ähnliche Meldungen

  • Castore
  • BFD Buchholz
  • Lacalut Dr. Theiss Naturwaren GmbH
  • G&G Preißer Verpackungen GmbH
  • Karlsberg
  • RPR1.
  • WASGAU
  • Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V.