Es riecht angenehm nach Holz, Leim und Farbe und erinnert mit ein wenig Phantasie an die Werkstatt von Meister Eder irgendwo tief verborgen in der Münchner Altstadt. FCK-Profi Oliver Kirch betritt den Raum und wird herzlich empfangen. Selbstverständlich nicht in der Stadt der zuvor auf dem Betzenberg mit 2:0 geschlagenen Bayern, sondern mitten in Kaiserslautern. Um genau zu sein bei der Trödelei A. Braun, die sich neben der professionellen Restaurierung von antiken Möbeln auch den Vertrieb von biologischen Baustoffen und die Verlegung von edlen Fußböden auf die Fahnen geschrieben hat. 

Bernhard Neumahr, einer der fünf „Chefs“ des Schreinereibetriebes, stellte dem FCK-Profi seine Kollegen vor. „Armin Braun und Wolf-Jürgen Nürnberger sind gerade nicht hier, sondern bei Kunden unterwegs. Das da drüben sind Frank Freunscht, Pan Stein und hinterm Tresen Traude Braun“, so Neumahr, „ach und Sophia ist großer FCK-Fan und wollte heute auch unbedingt mit dabei sein.“ Mit diesen Worten schob er seine 15-jährige Tochter nach vorne, die Olli Kirch, im Kollegenkreis auch oft „Church“ genannt, anstrahlte und leicht nervös die Hand schüttelte. Stolz erzählt Neumahr, dass auch Stefan Kuntz, Wynton Rufer, Oliver Schäfer, Andreas Buck und Axel Roos früher zu den Kunden des Hauses zählten. „Ich würde sagen, wir legen gleich los“, übernahm Frank Freunscht das Wort. Oliver Kirch wollte der Schreinerwerkstatt nämlich nicht nur einen Besuch abstatten – auf ihn wartete ein typischer, pfälzischer Biedermeier-Schrank zur Restaurierung.

Seine ersten fußballerischen Schritte machte Olli Kirch bei der SuS Legden in seiner ostwestfälischen Heimat. „Ich komme aus einer sehr fußballbegeisterten Familie, so lag es nahe, dass auch ich irgendwann damit in Berührung komme“, erzählt er, „mein Vater hat lange Oberliga gespielt und auch mein Bruder ist aktiv, so hab ich mit fünf Jahren bei den Bambinis angefangen.“ Über die Stationen SuS Stadtlohn und SpVgg Vreden, bei denen er als A-Jugendlicher mit der ersten Mannschaft schon in der Verbandsliga spielte, landete er schließlich im Jahr 2002 beim SC Verl. „Das Länderturnier in Duisburg mit der U20-Westfalenauswahl war dafür schließlich ausschlaggebend, ich war zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich sicher, ob ich es in den Profifußball schaffe“, erzählt die Nummer 7 des FCK die Entwicklung.

„So, einen Teil haben wir schon einmal vorpräpariert“, erklärt Frank Freunscht, während er zusammen mit dem 28-Jährigen die linke Schranktür aus den Angeln hebt und auf zwei Holzböcke legt, „jetzt können wir ihr den letzten Feinschliff verpassen.“ Olli ließ sich nicht lange bitten und legte los, ließ die Schleifmaschine mit der kreisrunden Scheibe über das Holz gleiten und prüfte mit dem Finger regelmäßig den Erfolg. „Nach dem Abitur habe ich eine Tischlerlehre begonnen – ich dachte, für mein eigentliches Vorhaben, Innenarchitektur oder Möbeldesign zu studieren, wäre das vielleicht hilfreich. Allerdings war es eher eine Enttäuschung, weil kaum noch mit richtigem Holz gearbeitet wird. Zumeist werden Spanplatten mit Holzdübeln eingesetzt, alles elektronisch vermessen und in hochmodernen Maschinen zugesägt. Das hier ist dagegen etwas ganz anderes,“ schildert der Mittelfeldspieler seine bisherige Erfahrung im Schreinerhandwerk.

Beim SC Verl avancierte Kirch in der Regionalliga schließlich zum Stammspieler und empfahl sich somit für den Bundesligisten Borussia Mönchengladbach. Dort verbrachte er, fußballerisch gesehen, prägende Jahre. „Ich erinnere mich noch genau an meinen ersten Einsatz für die Fohlen in der Bundesliga. Das war gleich im ersten Saisonspiel und dazu im Derby gegen den 1. FC Köln. Das Spiel gewannen wir damals 1:0, das Stadion war voll und es war schon ein besonderes Erlebnis für mich, zumal ich 90 Minuten durchgespielt habe“, blickt er zurück. Eine schwere Knieverletzung setzte den agilen Flügelspieler dann nach nur acht Spielen für Gladbach über acht Monate außer Gefecht – eine schwierige Zeit. Erst im August 2006 stand Olli wieder in der Startelf der Westdeutschen.

Die Oberfläche der Tür nimmt Form an. Inzwischen ist die Feinstarbeit an der Reihe. Mit einem Bogen Schmirgelpapier bearbeitet der Profifußballer die Innenseite der leicht geschwungenen Schranktür und entfernt auch die letzten Splitter. „Perfekt, das sieht gut aus“, lobt Frank Freunscht seinen neuen „Azubi“, „man merkt, dass Du mit Holz Erfahrung hast und dass es Dir Spaß macht!“ Der Schrank ist übrigens ein Unikat – teilweise noch mit schrumpeligem Lack überzogen. „Der Schreiner hat sich auf der Rückseite verewigt – wir bearbeiten hier einen Pfälzer Biedermeierschrank aus Theisbergstegen. Baujahr 1881“, so Freunscht.

Das letzte Jahr bei Borussia Mönchengladbach begann für den gebürtigen Soester zunächst vielversprechend. „In der Vorrunde habe ich unter Jupp Heynckes noch 16 Spiele gemacht, in der Rückrunde jedoch nur noch ein einziges. Irgendwann war dann klar, dass die Zeichen auf Abschied stehen“, erzählt er, „meine nächste Station war dann Arminia Bielefeld.“ Bei den Ostwestfalen verlebte Kirch dann schließlich seine bislang erfolgreichste Zeit in der Bundesliga mit über 70 Partien und sieben Treffern, wenn auch am Ende der Saison 2008/09 der Abstieg aus dem Oberhaus zu Buche stand. Seine fußballerischen Stärken sieht er besonders darin, seine Lieblingsposition, die rechte Mittelfeldseite zu bearbeiten, Flankenläufe und Pässe sehr genau und mit Feinschliff abzuschließen. „Das Zusammenspiel mit Florian Dick auf der rechten Seite klappt nach der kurzen Zeit schon gut, ich bin immer darauf bedacht, meine Aktionen präzise durchzuführen“, erläutert der neue Rote Teufel seine Vorzüge.

„Stellt Ihr eigentlich auch eigene Möbel her?“, gibt sich Olli Kirch wissbegierig. „Nein, eine Fertigung haben wir nicht, wir kaufen antike Möbel zu, restaurieren sie und verkaufen sie dann weiter. Natürlich kann man auch eigene Möbel zur Restaurierung zu uns bringen“, erklärt Bernhard Neumahr schmunzelnd nach getaner Arbeit, bei der die Nummer 7 der Lautrer sogar einige Werkzeuge nachschleifen und instand halten durfte, „ich kann Dir gerne auch einmal unsere Ausstellung im Obergeschoß zeigen, dann kannst Du Dir ein Bild davon machen, wofür Du gerade gearbeitet hast.“ Mit diesen Worten begleiteten die Schreiner ihren neuen Schützling über eine knarzende Holztreppe nach oben.

Das Zustandekommen seines Wechsels auf den Betzenberg hat Olli Kirch noch in absolut positiver Erinnerung. „Der FCK ist schon relativ früh auf mich zugekommen“, erinnert er sich, „zunächst gab es ein Gespräch mit Stefan Kuntz, das mich total fasziniert hat. Er versteht es perfekt, seine eigene Begeisterung für diesen Club auf Spieler zu übertragen – der FCK ist ein ganz besonderer Verein in der Bundesliga, dieses Umfeld, diese im positiven Sinne völlig verrückten Fans, das ist einfach einzigartig.“ Auch der Austausch mit Marco Kurz über die sportlichen Dinge gefiel dem Ostwestfalen auf Anhieb. „Wir lagen direkt auf einer Wellenlänge und so fiel mir die Entscheidung, die ich jedoch nicht sofort getroffen habe, letztlich nicht schwer. Ich hatte beim Gedanken an Kaiserslautern immer ein positives Gefühl im Hinterkopf, auch wenn ich noch für die Arminia am Ball war. Es war absolut die richtige Entscheidung für mich.“

Oben angekommen präsentierten die Restauratoren dem Mittelfeldmann stolz ihre Werke. „Dieser Tisch zum Beispiel ist komplett aus Buchenholz, was in der Regel eine eher ‚langweilige‘ Maserung hat“, schildert Frank Freunscht die Bearbeitungstechniken, während die vier unter dem Dachgebälk der Speicherausstellung hin- und her schlendern, „wir haben der Oberfläche gezielt eine andere Struktur gegeben.“ Die Aufmerksamkeit von Olli hatte aber längst ein einziges Objekt auf sich gezogen. „Der ist stark“, spricht er und deutet auf einen in Altweiß lackierten Biedermeierschrank. „Klar, das ist ein ganz besonderes Stück“, entgegnet Freunscht, „das sieht man vor allem am Schloss. Das wurde nicht von einem Fachmann, also einem Schlosser gefertigt, was den besonderen Charme des Schranks ausmacht. Schau Dir mal den Schlüssel genau an.“ Die beiden begutachten das alte Möbelstück intensiv und man merkt dem Kicker an, dass er längst seine Wohnung auf seinem inneren Auge „abscannt“ und einen eventuellen Platz dafür aussucht. „Der wär sogar was für mich, ich fotografier ihn mal“, sagt er lachend, zückt das Telefon und lichtet das exklusive Möbelstück ab.

Und wie ist der Privatmann Oliver Kirch? „Am allermeisten beschäftige ich mich momentan in der Freizeit mit meinem Hund Mylo, ein dreijähriger, schokobrauner Labrador. Dafür sind die Bedingungen in Kaiserslautern direkt am Pfälzer Wald natürlich ideal“, erzählt er, „ich bin von meiner Wohnung aus ruck zuck im Grünen und gehe mit ihm dreimal täglich spazieren.“ Seine Freundin Jana betreibt aktuell eine Boutique auf der Nordseeinsel Sylt. „Ich kann sie leider nicht so oft sehen, aber einen Besuch bei einem der nächsten Heimspiele hat sie fest eingeplant.“

Außerhalb des Fußballplatzes besucht der 28-Jährige gerne das Theater und durchforstet neue Musikstile für sich. „Elektronische Klänge sind immer gut, es muss aber melodisch bleiben. Seit neuestem kommen aber auch noch ein paar Independent-Sachen dazu. Songwriter mit Gitarren im britischen Stil, das finde ich momentan gut.“

In der Restaurationswerkstatt werden Hände geschüttelt. „Vielen Dank, es hat echt Spaß gemacht und Ihr macht tolle Arbeit hier“, verabschiedet sich Olli von seinen „Lehrmeistern“. „Es war toll, dass der FCK uns in Person von Oliver Kirch besucht hat“, spricht Frank Freunscht für alle, „wir sind natürlich auch vom ‚Betze-Virus‘ infiziert und wünschen Euch weiter viel Erfolg für die Saison.“

Der Betze hat es auch dem blonden Mittelfeldspieler längst angetan. „Also wenn ich eines meiner bislang beeindruckendsten Fußballerlebnisse beschreiben soll… ich komme um den 2:0-Sieg gegen Bayern München nicht herum“, zeigt er sich begeistert, „ein Freitagabendspiel bei Flutlicht, diese Atmosphäre und diese bedingungslose Unterstützung durch die Fans, so etwas habe ich bisher noch nirgendwo erlebt.“ Die FCK-Fans werden mit Sicherheit dafür sorgen, dass es nicht das letzte beeindruckende Erlebnis für den Mann mit der Nummer 7 gewesen ist.

 

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