Sicher, ein Schönheitspreis wird für den 3:2-Erfolg der Roten Teufel über den FSV Frankfurt nicht vergeben werden. Doch Schönheitspreise zählen nun ohnehin nicht mehr, nicht im Saisonfinale, erst recht nicht nach solch einer Woche. Doch der Reihe nach: Auf St. Pauli dreht der FCK ein Spiel, und das gleich mehrfach: Nach frühem Rückstand der Ausgleich, dann sogar die Lautrer Führung, doch in der 89. Minute egalisiert St. Pauli. Es geht rauf und runter, und dann packt Ruben Jenssen in der „allerneunzigsten“ Minute einen Hammer aus, der ein intensives, kräftezehrendes und von vielen schon abgeschriebenes Spiel beim Kiezclub entscheiden wird – „Outstanding!“ nennt das der Brite wohl, welch überragende Dramaturgie! Alfred Hitchcock lässt grüßen…
Und dann war da natürlich noch das Pokalspiel in der bayrischen Landeshauptstadt, nur wenige Tage später, gegen die derzeit vielleicht beste Mannschaft der Welt. Klar, die 1:5-Niederlage beim FC Bayern war deutlich, doch deutlich wurde binnen der 90 Minuten gleichsam auch, dass der FCK „nicht einfach nur zum Trikottausch“ (Kosta Runjaic) zur Guardiola-Elf gereist war. „Bonus-Spiel“ ja, „Abschlachten lassen“ nein! Und tatsächlich stellten mutige Lautrer die bayrische Millionentruppe über weite Phasen der Begegnung vor eine schwierige Aufgabe, liefen sich die Seele aus dem Leib, ärgerten die Superstars des deutschen Rekordmeisters, ehe die individuelle Klasse des Weltklasse-Teams aus München die Partie entschied. Nicht nur Philipp Lahm wusste oftmals nicht, wie ihm geschah.
Und nun das Spiel gegen den FSV Frankfurt. Drei Tage Zeit, um wieder umzuschalten – Ribery, Robben, Mandzukic waren gestern, Leckie, Kruska, Kapllani stehen heute auf der Matte. Schon irgendwie ein Kontrastprogramm… Das Spiel gegen die Bayern abhaken, für Frankfurt die Kräfte bündeln – was so einfach klingt, ist oftmals nicht so leicht umzusetzen. Erst recht nicht, wenn man zuvor auch an seine physischen Grenzen ging, ja gehen musste. Der FSV nahm auf die personellen Sorgen der Hausherren freilich keine Rücksicht, warum auch? Für Frankfurt geht’s um den Klassenerhalt. Lamentieren ist nicht!
Was in Hamburg auf ein ganzes Spiel verteilt stattfand, spielt sich nun in gerade einmal 45 Minuten ab: Wieder ein früher Rückstand: Dritte Spielminute, Flanke Konrad, Kopfball Leckie, Tor… und täglich grüßt das Murmeltier. Nackenschlag, kalte Dusche, Todesstoß im Aufstiegsrennen? Denkste: Der FCK zeigt die richtige Reaktion – Ecke Stöger, Volley Dick, volles Risiko, direkt unter den Querbalken, was für ein Traumtor! Bei facebook schreiben sie nur „BOOOOOOOOOOOOM!!!“ Naja, sehr viel besser kann man diesen Hammer auch wirklich kaum beschreiben. Nach 37 Minuten ist das Spiel gedreht, Mo Idrissou trifft vom Punkt. Im direkten Gegenzug aber wieder der FSV mit dem 2:2. Ein Wechselbad der Gefühle, ein Spiel, das an Turbulenz kaum zu überbieten ist. Vor allem auch, weil Markus Karl mit dem Pausenpfiff zum Endstand einnickt. Der Betzenberg steht Kopf! Was im zweiten Durchgang folgt ist großer Kampf. Frankfurt versucht alles, will im Abstiegskampf nichts unversucht lassen. Die Gäste aus der Finanzmetropole haben Pech, die Pfälzer am Ostersonntag mal das Glück auf ihrer Seite – und Tobias Sippel – der Lautrer Schlussmann sichert den erschöpften Roten Teufeln in der zweiten Hälfte den Sieg. Dieser fordert aber auch seinen Tribut: Mo Idrissou, der Schütze zum 2:1, musste am Tag nach dem Heimerfolg pausieren, erlitt gegen den FSV einen schmerzhaften Schlag auf das Sprunggelenk. Dominique Heintz wurde indes mit mehreren Stichen genäht, der junge Innenverteidiger hatte sich am Sonntag eine Fleischwunde am Knie zugezogen.
Ja, nach dieser anstrengenden Woche fehlte dem FCK gegen aufopferungsvoll kämpfende Frankfurter etwas die Frische. Und ja, vielleicht hätten sich die Jungs vom Bornheimer Hang auf dem Betze sogar einen Punkt verdient gehabt, wie Kosta Runjaic nach der Partie befand. Aber oft genug hatten die Pfälzer in dieser Saison das Spiel gemacht, um nach 90 Minuten dann doch ohne die drei Punkte dazustehen. Vielleicht ist das die vielzitierte ausgleichende Gerechtigkeit, der Lohn für großen, zuvor oftmals nicht belohnten Aufwand, wer weiß das schon?! Gewiss ist nur eines: Die Lautrer werden bis zum Schluss an ihre Chance glauben, erst recht nach diesem „schmutzigen Sieg“ (Florian Dick). Das gilt für die Mannschaft… das gilt aber auch für die FCK-Fans, denn auch das wurde am 31. Spieltag auf dem Betzenberg deutlich. Nun heißt es, im Schulterschluss die kommenden drei schweren Spiele anzugehen. Nach der Regenerationseinheit am Tag danach können die Spieler nun zwei Tage durchschnaufen, Kräfte sammeln und sich von den Strapazen und erlittenen Blessuren erholen. Ab Mittwoch werden geschlossen die nächsten Ziele avisiert: Union, Dynamo, Fortuna. Die Roten Teufel wollen dann wieder dominanter auftreten. Aber selbst, wenn es auch hier „nur“ drei schmutzige Siege geben sollte, die den FCK aber am Ende ans Ziel führen, welcher Hahn kräht dann noch nach einem Schönheitspreis?
Anzeige
