Marco Kurz, die Vorbereitung ist abgeschlossen und der erste Sieg in einem Pflichtspiel eingefahren. Wie ist die Stimmung innerhalb des Teams?
Marco Kurz: Die Stimmung ist gut und wurde natürlich in Richtung Saisonstart immer besser. Zu Beginn der Vorbereitung standen zunächst sehr intensive Trainingseinheiten an, die Spieler mussten körperlich täglich ans Limit gehen. Eine solche Belastung geht natürlich auch nicht an Profi-Fußballern vorbei. Je näher die Saison rückt, desto mehr nehmen die taktischen Einheiten zu. Zudem steigt natürlich die Vorfreude auf den Ligastart.
Worin lagen die Schwerpunkte bei der diesjährigen Vorbereitung?
Marco Kurz: Wir haben in dieser Saison größtenteils auf die klassischen Läufe verzichtet, dafür mehr Spielformen und Balleinheiten eingebaut. Die Spieler müssen nicht weniger laufen, aber die reinen Laufeinheiten absolvieren wir nun mit dem Ball. Dadurch wollen wir mehr Qualität in unser Spiel bringen. Hier profitieren wir auch von den Ideen die Günter Gorenzel als neuer Co-Trainer mit in den Verein bringt. Er konnte zuletzt in Kasan wichtige Erfahrungen sammeln, hat in der Champions League gearbeitet, sich im Rahmen der Gegner-Beobachtung mit vielen europäischen Spitzenteams beschäftigt.
Stefan Kuntz, was ist Ihnen in der Vorbereitung besonders aufgefallen?
Stefan Kuntz: Die Umstellungen in den Trainingsinhalten sind auch für mich interessant zu beobachten. Co-Trainer Günther Gorenzel, der einen sehr guten Einstieg gefunden hat und mit einer sehr guten Ansprache überzeugt, bekommt dafür auch schon sehr schnell eine gute Rückmeldung aus der Mannschaft. Ich schaue in erster Linie auf die zwischenmenschlichen Dinge und Geschichten. Was passiert, bildlich gesprochen, hinter dem Rücken des Trainers? Und da finde ich, dass auch unsere Neuzugänge einen sehr guten Eindruck machen. Wir legen bei den Verpflichtungen großen Wert darauf, dass der Spieler charakterlich zum Verein passt. Zudem haben wir versucht, bestimmte Eigenschaften in die Mannschaft zu bekommen, die uns fehlten. Und zudem geht es auch darum, mehr Erfahrung ins Team zu holen.
Was zeichnet die "Neuen" beim FCK aus?
Marco Kurz: Mit Olcay Sahan haben wir einen Spieler geholt, den wir in der Zweiten Liga begleitet haben und der jetzt bereit ist für den nächsten Schritt. Wir wollen ihn von einem hervorragenden Zweitligaspieler zu einem guten Bundesligaspieler formen. Richard Sukuta-Pasu ist ein Stürmer, der in der vergangenen Saison nicht den Spielrhythmus gefunden hat, von dem ich aber große Stücke halte. Ein talentierter Spieler, der jetzt zeigen muss, was er kann. Mit Konstantinos Fortounis haben wir einen sehr jungen Spieler, der alle Voraussetzungen mitbringt, aber sicherlich noch etwas Zeit braucht, vor allem im Bezug auf die Physis und die Robustheit. Im Gegensatz dazu haben wir mit Gil Vermouth einen sehr routinierten Spieler geholt, der uns mit seinen Erfahrungen im internationalen Wettbewerb sicherlich weiterhelfen wird. Itay Shechter ist genau der Spielertyp den wir gesucht haben, um die Lücke von Lakic zu schließen. Mit Dorge Kouemaha haben wir zudem auf den Ausfall von Adam Nemec reagiert und einen schnellen und robusten Stürmer ausgeliehen. Und Steven Zellner ist ja bereits ein altbekannter Neuer, der sich bislang sehr gut eingefügt hat und diese Saison regelmäßig als feste Alternative zu unserem Team gehören wird.
Neben Steven Zellner sind mit Willi Orban und Julian Derstroff zwei Spieler aus dem eigenen Nachwuchs mit dabei. Ist das Teil des neuen Nachwuchskonzeptes?
Stefan Kuntz: Es ist toll, dass die Jungen hinten dran mit den Hufen scharren. Extern heißt es ja gerne mal ‚Andere Vereine sind viel weiter und da sind die Jungen schon ewig oben mit dabei‘, aber wir können das intern sehr gut beurteilen und wissen, dass sich nicht alles von heute auf morgen umkrempeln lässt. Aber da ist eine ganz deutliche Entwicklung im Verein zu erkennen, denn fortan sind immer bis zu vier Plätze für den eigenen Nachwuchs reserviert, damit sich die Spieler nachhaltig bei den Profis aklimatisieren können.
Was hat die Mannschaft im vergangenen Jahr ausgezeichnet? Was war der Grundstein für die erfolgreiche Saison?
Marco Kurz: Die Mannschaft hat im Laufe der Saison eine Entwicklung genommen, das merkt man unter anderem daran, dass wir zum Ende der Saison in den entscheidenden Spielen gegen Mitkonkurrenten um den Abstieg mental stärker waren als der Gegner. Entscheidend war unser Erfolgshunger und unser Siegeswille, und dass wir nie die Linie verloren haben. Wir hatten sowohl in der Vor- als auch in der Rückrunde Durststrecken, haben aber immer an unseren Weg geglaubt. Wichtig war auch der Zusammenhalt innerhalb der Truppe, es gab keine Unruheherde in der Mannschaft. Und auch aus dem Umfeld haben wir immer die nötige Ruhe und Rückendeckung bekommen. Hier gebührt Stefan Kuntz ein großer Dank. Hinzu kommt natürlich noch die einzigartige Unterstützung unserer Fans. Unsere Fankultur ist ein Gut, dass nicht jeder Verein hat. Das müssen wir nutzen. Vor allem bei Heimspielen müssen die Gegner wieder den nötigen Respekt vor dem Betze haben.
Stefan Kuntz: Und genauso werden wir auch weiter arbeiten und uns präsentieren. Wir werden auch in der kommenden Saison die dringend nötige Ruhe bewahren, denn wir sind uns im Verein über die Situation und Möglichkeiten des FCK absolut einig. Daher bestand und besteht auch gar kein Grund irgendwelche Anforderungen zu verändern. Zudem sind wir uns absolut einig, dass wir unseren Weg nur zusammen gehen können, von daher gesehen war auch die Unterstützung aller Vereinsgremien für unsere Arbeit wichtig, um den FCK sowohl sportlich mit diesen Highlights gegen Bayern, Schalke oder Stuttgart wieder auf die Bundesliga-Bühne zu heben und andererseits auch die Wahrnehmung des Vereins insgesamt wieder von Seriosität und sportlichen Leistungen geprägt wird.
Mit welchen Erwartungen geht man auf dem Betzenberg in die neue Saison?
Marco Kurz: Wir befinden uns auf einem guten Weg, den FCK wieder in der Ersten Liga zu etablieren. Aber wir müssen die Qualität bestätigen, Mannschaft und einzelne Spieler werden an der Leistung der vergangenen Saison gemessen. Wir gehen nicht mehr als Aufsteiger in die Saison, haben uns bei den Gegnern eine andere Wahrnehmung erarbeitet. Wir sind nicht mehr der klare Außenseiter. Es wäre unseriös, ein anderes Ziel als den Klassenerhalt auszugeben.
Besteht die Gefahr, dass nach dem sensationellen siebten Platz in der Abschlusstabelle, nun die Erwartungshaltung im Umfeld zu hoch wird?
Stefan Kuntz: Das glaube ich nicht, wir haben in eigentlich allen Gesprächen mit unseren Fans durchweg die Rückmeldung bekommen, dass sie wissen, welche Möglichkeiten wir haben und sie diese realistisch einschätzen können. Wir haben zwar noch einen recht langen Weg vor uns, aber dennoch kann man konstatieren, dass es uns finanziell besser geht. Wir können es zumindest  mal erlauben, über mäßige bis mittelmäßige Angebote für unsere Spieler negativ zu entscheiden. Wir sind nicht mehr auf alles angewiesen und müssen nicht mehr jeden Deal annehmen. Dennoch werden wir erneut den geringsten Lizenzspieler-Etat der Liga haben. Daher kann unser Ziel auch im kommenden Jahr einzig und allein Klassenerhalt lauten.