Auf der Straße spielende und tobende Kinder waren in der Zeit vor der Massenmotorisierung auch in Kaiserslautern nichts Ungewöhnliches. So konnte man Ende der Zwanzigerjahre in der Uhlandstraße (heute Heinrich-Heine-Straße), einer Nebenstraße der Bismarckstraße, oft ein Grüppchen von Jungen und Mädchen beobachten, die mit Begeisterung und schier endloser Ausdauer einander ein Gummibällchen, eine Konservendose oder ein zusammengewickeltes Stoffbündelchen abzujagen und in die Öffnung eines Gullys zu kicken versuchten. „Kanälches nannte man diese Art des Straßenfußballs, bei der die in die Bürgersteigkante eingelassene rechteckige Abflussöffnung das Tor bildete. Bei drei unermüdlichen Spielern dieser „Kanälchesmannschaft“ handelte es sich um die Walter-Brüder: Fritz, Ludwig und Ottmar, der als Jüngster der Drei am 6. März 1924 das Licht der Welt erblickte und am Sonntag, 6. März 2016, 92. Jahre alt geworden wäre. Den fußballbegeisterten Jungen reichte indes das Kanälcheskicken bald nicht mehr. Nach und nach traten sie im Alter von jeweils acht Jahren in die Schülermannschaft des 1. FC Kaiserslautern ein und erwiesen sich als ausgezeichnete Fußballer.

Das Fußballspielen war für Ottmar und seine Brüder Sport, Leidenschaft und Freizeitvergnügen zugleich. Ottmar konnte allerdings nicht ahnen, welche schicksalhafte und unfassbare Rolle der Fußball in seinem weiteren Leben spielen würde.

Bereits mit 16 Jahren ließ Ottmar Walter gegenüber seinem skeptischen Vater die ehrgeizige Überzeugung durchblicken, dass er es seinem vier Jahre älteren Bruder Fritz gleichtun würde und es eines Tages ebenfalls in die Nationalelf schaffen würde. Er konnte nicht ahnen, dass er ein Jahrzehnt auf die Erfüllung seines Traumes würde warten müssen. Der seit 1939 tobende Zweite Weltkrieg bedeutete auch für die Ottmar und seine Familie schmerzliche Zäsur.

So wurde Ottmar Walter zur Marine eingezogen. In Cuxhaven und bei Holstein Kiel konnte er während des Krieges auf Torjagd gehen. Bei einem Einsatz auf einem Minensuchboot während der Invasion im Ärmelkanal im Juni 1944 wurde das Schiff beschossen und versenkt. Von den 130 Mann an Bord überlebten nur zwölf – Ottmar war unter ihnen. Der durch Splittereinwirkung am Knie verletzte Ottmar wurde nach England in Gefangenschaft gebracht. Einem geschickten Chirurgen gelang es, die Splitter aus Ottmars Knie zu entfernen – und somit das Bein zu retten.

Als der Krieg zu Ende war, kehrten die Walter-Bruder nach und nach in ihre Heimatstadt Kaiserslautern zurück. Ottmar musste etwa ein Jahr länger als seine älteren Brüder warten bis er aus der englischen Kriegsgefangenschaft entlassen wurde. In der Zwischenzeit hatte Fritz mit dem Wiederaufbau der FCK-Mannschaft begonnen. Um die nach und nach aus der Gefangenschaft zurückkehrenden Spieler bildete sich mit jungen Talenten die künftig so berühmte "Walter-Mannschaft".

Für Ottmar brachen an der Seite von Fritz die glanzvollsten Jahre seines Fußballerleben an. Der jüngste der Walter-Brüder avancierte zum erfolgreichsten Liga–Torschützen in der Geschichte des FCK. 1948 stand er mit seinem 1. FC Kaiserslautern erstmals in einem deutschen Endspiel, 1951 und 1953 konnte jeweils die deutsche Meisterschaft nach Kaiserslautern geholt werden, 1948, 1954 und 1955 wurde er immerhin Vizemeister. Als 1950 eine deutsche Nationalmannschaft wieder internationale Begegnungen austragen durfte, zählte Ottmar zum Aufgebot der deutschen Elf für das erste Nachkriegsspiel – sein Bruder Fritz war wegen einer Verletzung nicht dabei. Dafür feierten beide im Jahre 1954 mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft in der Schweiz den größten Triumph ihrer Laufbahn.

Ottmar Walter verstarb am 16. Juni 2013.

Ähnliche Meldungen

  • Castore
  • BFD Buchholz
  • Lacalut Dr. Theiss Naturwaren GmbH
  • G&G Preißer Verpackungen GmbH
  • Karlsberg
  • RPR1.
  • WASGAU
  • Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V.