Der Geruch von heißem Skiwachs steigt dem jungen Mann in die Nase, als er die Montage-Werkstatt der Wintersportabteilung des Betze-Partners engelhorn sports in Mannheim betritt. „Grüss di, hab gehert du kimmst aus Tirol?“ wird Clemens Walch von Einzelhandelskaufmann Klaus Eckmann begrüßt, der dem FCK-Profi an diesem Nachmittag einen Einblick in seinen Arbeitsbereich gewährt, bei dem sich alles um die Reparatur von Skiern und Snowboards dreht.
„Schon mit zwei Jahren stand ich zum ersten Mal auf Skiern, bei uns in Tirol ist das ganz normal“, erklärt Clemens Walch seinem österreichischen Landsmann Klaus Eckmann, nachdem er die Ski-Werkstatt im Erdgeschoss des 9.600 qm großen Sporthauses betreten hat. „Na, dann zeig mal, was du kannst“, erwidert der aus Salzburg stammende Sportfachmann. Ohne große Umwege führt er den Fußballer in Richtung Werkbank, wo bereits ein „Speed Carver“ auf seine Instandsetzung wartet. Während engelhorn in seinem Ski- und Snowboardzentrum in Neckarau einen Verleih betreibt, wird im Haupthaus in der Mannheimer Innenstadt ein Schnell-Service angeboten, der es Wintersportlern ermöglicht, ihr Equipment für die Berge von erfahrenen Profis vorbereiten zu lassen. „Um den Schnee genießen zu können, ist es wichtig, dass die Kanten geschliffen sind und der Belag dem Fahrtyp entsprechend gewachst ist“, erläutert Klaus Eckmann, bevor er den Fußballer an die Arbeit lässt.
Als einer der letzten Neuzugänge war Clemens Walch im vergangenen Sommer vom VfB Stuttgart zum FCK gekommen, wo er sich in den nächsten drei Jahren als Bundesliga-Spieler etablieren will. „Ich komme aus einer sehr sportbegeisterten Familie, meine zwei Schwestern und ich haben alle möglichen Sportarten ausprobiert. Neben Skifahren und Tennis, habe ich von klein auf Fußball gespielt“, berichtet der 23-jährige Walch, der aus Inzing, einer kleinen Gemeinde im Bezirk Innsbruck Land stammt. Sein Talent am Ball wurde schnell erkannt und so begann der Lautrer Neuzugang seinen Weg beim Bundesnachwuchszentrum in Tirol und in diversen Nachwuchs-Auswahlen, bevor er 2006 zu den Red Bull Juniors ins knapp 200 km entfernte Salzburg wechselte. „Die Zeit in Salzburg war sehr wichtig für mich. Ich habe dort die Schule fertig gemacht und musste allein Verantwortung übernehmen“, so der offensive Mittelfeldspieler,den Experten für einen der begabtesten Kicker der Alpenrepublik halten.
Bei den Red Bull Juniors bekam der Tiroler die Möglichkeit, sich auf hohem Niveau körperlich und sportlich weiterzuentwickeln. Im Jahr 2008 dann die bisher größten Erfolge für den bodenständigen Fußballer, dessen Leistung im März des Jahres mit der Auszeichnung „Young Star Spieler des Monats“, einem Talentpreis der zweithöchsten österreichischen Spielklasse, belohnt wurde. Es folgte im Sommer die U19-Europameisterschaft in Polen, bei der er mit dem Nationalteam den dritten Platz belegte.
Vordere Spitzenplätze belegte „Clemi“, wie er von seinen Freunden und innerhalb des Teams genannt wird, auch bei Skirennen, die er in seiner Kindheit in den Tiroler Alpen absolvierte. Kein Wunder also, dass Familie Walch im hauseignen Keller über eine kleine Werkstatt verfügt, in der die langen Bretter zur Abfahrt vorbereitet werden. „Um den Belag der Skier zu glätten, benutzen wir meistens eine unserer Heißwachsmaschinen, aber wenn du willst, kannst du es auch gerne mit dem Bügeleisen versuchen“, gibt Einzelhandelskaufmann Klaus Eckmann seinem Schützling als Anleitung vor. Kurzum schnappt sich die Nummer 15 des FCK das spezielle Skiwachsbügeleisen, um mit einer Temperatur zwischen 120 und 130°C das Wachs auf den in der Werkbank eingespannten Ski aufzutragen. Nach dem Aushärten zieht Clemens das überschüssige
Wachs gekonnt mit einer Plexiklinge ab. Anschließend wird der Belag mit einer Kupferbürste ausgebürstet, worauf das finale Polieren erfolgt. „Du machst das richtig gut, aber denk daran, immer in Fahrrichtung arbeiten“, analysiert der Wintersportfachmann des Mannheimer Familienunternehmens engelhorn, der dem Lautrer Profi bei seiner Arbeit fachkundig über die Schulter schaut.
Eine ganz andere Aufmerksamkeit wurde dem jungen Tiroler im April 2008 zu teil, als sich der VfB Stuttgart die Dienste des Mittelfeldakteurs sicherte und ihn nach Deutschland holte. „Der VfB war damals amtierender Meister, ein solches Angebot konnte ich nicht ablehnen, auch wenn ich mich in Salzburg sehr wohl gefühlt habe“, erklärt der 23-Jährige, der sich über die zweite Mannschaft an den Bundesliga-Kader heranarbeiten wollte. Clemens Walch zeichnet sich nicht zuletzt durch seine Geradlinigkeit und Bescheidenheit aus, mit der er konsequent, aber ohne großes Aufsehen an seinem Weg festhält und sich durch gute Leistungen als Fußball-Profi etablieren will. Doch blieb ihm dieses Ziel zunächst verwehrt, da es der Österreicher durch Verletzungen geplagt nur auf zwei Liga-Einsätze für Stuttgart brachte und schließlich im vergangenen Jahr nach einer neuen sportlichen Herausforderung suchte. „Ich habe gemerkt, dass ich beim VfB keine Perspektive mehr hatte und bei den Verantwortlichen deshalb um eine Freigabe gebeten“, so der Mittelfeldspieler, der in der Offensive sowohl auf dem Flügel als auch zentral spielen kann.
Währenddessen geht es in der Service-Werkstatt des engelhorn sports weiter mit der Montage der Schiebebindung, die sich für den Tiroler jedoch als leichtes Unterfangen erweist. „Wenn wir im Winter noch eine Aushilfe brauchen, melde ich mich bei dir“, kommentiert Klaus Eckmann mit einem Augenzwinkern. Danach geht es an die Bindungseinstellungsmaschine, die zugleich als Prüfgerät dient. Anhand simulierter Stürze wird dabei getestet, ob die zuvor gewählte Einstellung für den jeweiligen Fahrer richtig ist. Unter Anleitung des Fachmanns spannt Clemens einen Skischuh in den zuvor in der Maschine fixierten Ski ein und kann nach Eingabe von personenspezifischen Daten wie etwa Gewicht, Größe und Alter die Sicherheit der eigens montierten Bindung überprüfen.
Doch nun genug der harten Arbeit. Clemens zieht es in den Verkaufsraum, in dem eine Vielzahl von Ski- und Snowboardmodellen in allen nur vorstellbaren Farben und Mustern den Kunden des Sporthauses präsentiert werden. „Ich fahre einen Speed Carver“, so der 23-Jährige, den die große Auswahl sichtlich begeistert. Um die Skiausrüstung zu komplettieren, bedarf es neben Stöcken auch eines Helmes, der den Wintersportler vor Kopfverletzungen schützt. Eine Erfahrung, die der junge FCK-Profi vor einigen Jahren am eigenen Leib zu spüren bekam: „Damals bin ich frontal mit einem anderen Skifahrer zusammengestoßen und habe mir dabei eine Gehirnerschütterung zugezogen. Seither trage ich immer einen Helm.“
Zu seiner Ausrüstung auf der Piste zählen zudem eine kleine Schaufel, sowie ein Piepser und ein Suchgerät, die gerade bei Fahrten im Tiefschnee wichtig sind und bei einer möglichen Lawine zum Einsatz kämen. Beim Skifahren steht für den Mittelfeldakteur neben der Sicherheit natürlich auch immer die Freude am Sport im Vordergrund. Eine Eigenschaft, die „Clemi“ auch im Privaten auszeichnet, wie der Nachmittag im engelhorn sports zeigt, an dem er stets ein Lächeln auf den Lippen hat und für jeden Spaß zu haben ist.
Spaß, den der 23-Jährige in Stuttgart zuletzt vermisste und den er erst mit seinem Wechsel zum 1. FC Kaiserslautern wieder gefunden hat. Eine wichtige Rolle spielte dabei der Einsatz von Cheftrainer Marco Kurz, der im August letzten Jahres in die baden-württembergische Hauptstadt reiste und den Österreicher bei einem Gespräch zum Wechsel in die Pfalz überzeugte. „Der Coach signalisierte mir, dass er unbedingt mit mir arbeiten wollte. Für mich eine super Chance, zumal ich schon im Vorfeld vom FCK und dem berühmt-berüchtigten Stadion und seinen Fans gehört habe“, erklärt Clemens Walch, der dem Ruf des Betzenbergs folgte und bereits am 2. Bundesliga-Spieltag zum ersten Einsatz im Trikot der Roten Teufel kam.
Der Gegner hieß FC Bayern München und der 2:0-Sieg war eine Sensation, die das Fritz-Walter-Stadion beben ließ. Der österreichische Neuzugang wurde in der 53. Minute eingewechselt und musste sich auf der linken Seite mit keinem geringeren als Franck Ribery messen. „Ich war gerade erst zehn Tage vorher in Kaiserslautern angekommen und natürlich nervös, als der Wechsel bevorstand. Aber als ich auf dem Platz war, hat sich alles sofort gelöst“, berichtet der Jungprofi, der an diesem denkwürdigen Abend von seinen aus Inzing
angereisten Eltern unterstützt wurde. Die besondere Stimmung im Stadion beeindruckte und so erinnert sich Clemens noch heute ganz genau daran, wie die Fans das obligatorische „Zieh den Bayern die Lederhosen aus“ anstimmten und die enorme Lautstärke eine Verständigung auf dem Spielfeld erschwerte. „Der absolute Wahnsinn“, urteilt Walch, der sich in Kaiserslautern rundum wohl fühlt und besonders den Gemeinschaftssinn innerhalb der Mannschaft schätzt. Der Neuteufel fühlte sich von Beginn an gut aufgenommen und wurde trotz der hohen Konkurrenz
im Lautrer Mittelfeld sofort ins Team integriert. Ziel kann es für den Österreicher folglich nur sein, sich an die Startformation heranzukämpfen und so viele Einsätze wie möglich zu erarbeiten. Nach überstandener Verletzung scheint dies nunmehr möglich zu sein, wie die Einwechslung am 23. Spieltag in Hannover zeigte. „Ich muss jetzt richtig Gas geben und mich auf dem Platz beweisen, nur so kann ich Spielpraxis sammeln und dem FCK im Kampf um den Klassenerhalt helfen“, zeigt sich Clemens Walch entschlossen.
Zurück im Mannheimer Sporthaus wirft der begeisterte Wintersportler noch einen Blick auf die Snowboards, bevor der Abschied von seinem heutigen Begleiter und österreichischen Landsmann Klaus Eckmann naht. Der Ausbilder lobt das Fachwissen und Können seines Azubis und erneuert noch einmal scherzhaft sein Jobangebot, wenn der Ski- und Snowboard-Service im Winter wieder auf Hochtouren läuft. „Ich bleib lieber beim Fußball“, erwidert der FCK-Profi, der sein Hobby im Schnee am liebsten in den Tiroler Bergen genießt. Doch sind es seit vergangenem Sommer nicht nur die heimatlichen Alpen, die ihn anziehen, sondern auch der „Betze“. Ein ganz besonderer Ort, den Clemens nun jedes zweites Wochenende zum Bundesligaspiel seiner Roten Teufel betreten darf, wenn es in ganz Kaiserslautern und Umgebung wieder heißt: „Der Berg ruft“.